Sarah Silva Faustino (vorne m.), Medizinische Fachangestellte und speziell geschulte „NäPA“ sowie RZV-Geschäftsführer Dr. Andreas Rühle (l.) stellten den Telemedizin-Koffer Staatssekretär Matthias Wunderling-Weilbier, der vdek-Vorstandsvorsitzenden Ulrike Elsner, vdek-Landesleiter Hanno Kummer und Ersten Kreisrat Friedhelm Ottens vor (v.l.)   Foto: tw

LANDKREIS tw ∙ Als Junge, der vom Dorf kommt, hatte sich Erster Kreisrat Friedhelm Ottens bewusst dafür entschieden, mit seiner Familie wieder aufs Land zu ziehen. Doch wie bei vielen anderen stelle sich auch in seiner Familie die Frage, wie die Zukunft im ländlichen Bereich mit ihren langen Wegen aussehen könne. „Mit ihrem Projekt geben sie uns die Chance, auch in Zukunft hier leben zu können“, zeigte er sich bei einem Pressegespräch am Mittwoch erfreut über das neue Angebot am Regionalen Versorgungszentrum (RVZ) in Nordholz.

Telemedizin, Hausbesuche und Betreuungsangebote – das sind die drei Schlagworte, mit der der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) neue Antworten für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung auch in ländlichen Gebieten geben will. Das RVZ ist dabei bundesweit erster „Regionaler Gesundheitspartner“ der Ersatzkassen.

Damit kann das RVZ seinen Patienten und Patientinnen Angebote machen, die bisher nicht Teil der medizinischen Regelversorgung sind. „Das ist ein Meilenstein in der Versorgungsverbesserung“, freut sich RZV-Geschäftsführer Dr. Andreas Rühle. „Mit der Kooperation gelingt uns durch den Einsatz von Telemedizin eine deutliche Verbesserung der medizinischen Versorgung in der Fläche bzw. bei den Patientinnen und Patienten zuhause“, betonte er.

Dabei besuchen speziell geschulte „Nichtärztliche Praxisassistenten“ (NäPA)die Patienten zu Hause. Im Gepäck haben sie einen Telemedizin-Koffer, der mit digitalen Geräten wie etwa einem mobilen EKG, einem digitalen Pulsoximeter zur Messung des Blutsauerstoffgehalts und einem Blutdruckmessgerät ausgestattet ist. Die ermittelten Daten können über eine gesicherte Verbindung in die Arztpraxis übertragen werden. Per Videokonferenz kann bei Bedarf auch direkt mit dem Arzt oder der Ärztin gesprochen werden.

„Gleichzeitig können wir durch das Care- und Casemanagement (Patientenlotsen für ältere und dementielle Patienten oder mit besonderem Unterstützungsbedarf) auch präventiv tätig werden, indem es möglich wird, die Gesamtsituation der Menschen in ihrem Zuhause unter erweiterten Gesichtspunkten zu bewerten und erforderliche Maßnahmen unter Einbindung des gesamten Versorgungsnetzwerkes des Landkreises und der Gemeinde einzuleiten“, so Dr. Rühle, der hofft, auch für den dritten Baustein – die Einbringung neuer Gesundheitsberufe – einen Physician-Assistant zu finden, der die vorhandene medizinische Versorgung des RVZ erweitert und die Ärzte entlasten kann, unter anderem bei der Wundkontrolle, der Erarbeitung von Therapievorschlägen und der Dokumentation von Befunden und Behandlungsabläufen. „Wir sind sehr glücklich, diese Möglichkeiten den Menschen in der Region durch diese Kooperation anbieten zu können.“

Eine Kooperation, die wie ein „Ritterschlag für das RVZ“ sei, das medizinische Angebote mit kommunaler Daseinsvorsorge an einem gut erreichbaren Ort bündele, so Matthias Wunderling-Weilbier, Staatssekretär aus dem Niedersächsischen Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung.

Das Projekt ist auf zunächst drei Jahre befris­tet und wird von den Ersatzkassen über einen besonderen Vertrag gefördert. Auch das Land Niedersachsen stellt Fördermittel zur Verfügung. „Damit wollen wir im ländlichen Raum ein Ausrufezeichen setzen, und zeigen, dass wir gute medizinische Versorgung auf dem Land sicherstellen.“

Auch die vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner war voll des Lobes für das RVZ. „Mit dem Versorgungsprojekt wollen wir den Leuchtturm noch mehr zum Strahlen bringen.“ Ein Modellprojekt, um auch in der ländlichen Region die medizinische Versorgung zu sichern und zu modernisieren, wie sie betonte. Für sie eine Win-Win-Win-Situation: für die Menschen, die hier leben und von einer besseren Versorgung profitieren; für die Ärzte, die jetzt schon hier arbeiten und entlastet werden; und für die Krankenkassen selbst, „weil wir Top-Leistung bieten und die ambulante Versorgung stärken wollen“.

Alle Beteiligten sind sich sicher, dass das Projekt auch nach drei Jahren weitergeführt und als Modellprojekt Vorbildcharakter für andere Standorte haben wird. „Wir wollen mit diesem Projekt dem Gesetzgeber zeigen, was möglich ist und wie wir die medizinische Versorgung modern und zukunftsfähig gestalten können“, so Elsner. Als einen Prototyp für das, „was wir in den nächsten Jahren im Land haben werden“, sieht auch der Landtagsabgeordnete Oliver Lottke das Projekt. „Den monetären Hinweis habe ich mitbekommen und werde ihn weitergeben“, versprach er beim anschließenden kleinen Empfang im Café „Solferino“.