Gerne wird sie gefordert, noch lieber von sich geschoben: Die Verantwortung. Im Kleinen wie im Großen, von Kleinen wie von Großen. Das Kind, das partout nicht sein Spielzeug wegräumt und so zu katastrophalen Stürzen Dank im Weg liegender Holzklötze der mit der Kinderbetreuung beauftragten Großmutter beiträgt, als auch die betreffende Großmutter selbst, die es versäumt hat, der eigenen Tochter ausreichend Zucht und Ordnung einzubläuen, so dass diese dann die perfekte Erziehung als familiäre Tradition an den eigenen Nachwuchs weitergeben kann.

Bevor es nun an Vorwürfen ob mangelnder Verantwortung nur so hagelt, sollte erstmal die Bedeutung des Begriffs geklärt werden. Und dazu kann man getrost auch im Großen fischen. In der Politik beispielsweise und da sogar ganz oben. Verantwortung ist laut Duden die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass innerhalb eines bestimmten Rahmens alles einen möglichst guten Verlauf nimmt, dass jeweils Notwendige und Richtige getan wird und möglichst kein Schaden entsteht. Oh je, das sieht bitter aus für die Betreffenden, folgt man dieser Deutung. Die Stolpersteine liegen zum Beispiel im so nebensächlich eingeworfenen „guten Verlauf“. Auch das „Notwendige“ und „Richtige“ ist doch sehr subjektiv deutbar. Es wird dabei nicht besser, je höher man in der politischen Pyramide aufsteigt.

Gerade Kanzler, mit Ex davor oder ohne und in einem Fall sogar mit „in“ am Ende, stehen ja im Ruf, ihre ganz eigene Deutung des Begriffs zu haben. Verantwortung für ihr Tun, in manchen Fällen auch ihr Lassen, hat man, so des Volkes Verständnis, allerdings über die aktive Laufbahn hinaus. Nun mag man darüber streiten, ob das Wort ‚aktiv‘ auf jeden Kanzler zu jeder Zeit seiner Regentschaft zutrifft, allein, des Volkes Mund tut Abwertendes kund. Und durchaus im Widerspruch zu des Dudens Auskunft über „einen bestimmten Rahmen“ hinaus. Dabei können die so­eben Gescholtenen, sofern sie ein Ex in der Bezeichnung haben, einen guten Verlauf nicht mehr beeinflussen. Und die Regenten ohne Ex in der Berufsbezeichnung sind ähnlich verantwortungslos. Und unschuldig. Denn schaut man beispielsweise auf die Weltlage, könnte selbst ein Machtwort im Stile eines Basta nichts am miesen Geschmack einer vom zaristischen Verbrecher servierten Soljanka ändern. Oder dem Egoismus im ungarischen Gulaschtopf. Oder der Menschenrechtsverweigerung in chinesischen Reisschalen. Da schweigt man als Ex-loser lieber etwas länger und verweist auf verantwortungsvoll getane Unterstützung. Diese dann sowohl in der Masse verbal als auch im Kleineren real. Ob das Tun alles von Verantwortung getragen ist – Vergangenes, Gegenwärtiges und auch Zukünftiges – mag die Nachwelt entscheiden. Und definieren.