Es ist an der Zeit, mal wieder den Fisch zwar nicht unter die Lupe, dafür aber unter die Grätenzange zu nehmen. Das ist im cuxländischen Sinne nicht ganz einfach. Weil seit dem Brexit und den norwegischen Vertragsunwilligkeiten des letzten Jahres, der Ruf nach Alternativen opportun ist. Denn, der Hering und der Kabeljau schwimmen zwar noch, allerdings häufig außerhalb unserer ausgeworfenen Netze. Doch Dank Klimaerwärmung schuppt es munter weiter in unseren Gewässern, wenn auch statt der Kabeljauzunge ganz fremdländisch klingende Fische ihren Salmon von sich geben.

Eingeschleppte Fischarten werden zunehmend zur Bedrohung unserer heimischen Arten und gehören deshalb verstärkt auf unsere Speisekarten. Weil Fisch gesund ist auf dem Teller, aber oft ungesund in unseren Gewässern. Zwar haben sie meist komische Namen wie etwa die eingeschleppte Schwarzmundgrundel, sind aber tatsächlich kein Grund für feixende Gesichter. Die Schwarzmundgrundel raubt nämlich nicht nur den Fischern an, auf und in der Ostsee den letzten Nerv, nein, sie raubt tatsächlich auch dem liebsten deutschen Anti-Kater-Fisch die Lebensgrundlage – dem Hering. Und zwar auf eine sehr perfide, überaus nachhaltige Art: Heringsrogen gehört zur Lieblingsspeise dieser leider nicht seltenen neuen Fischart in der sich immer mehr erwärmenden Ostsee.

Natürlich kann man jetzt sagen: „Was soll´s?“ Schließlich ist es egal, ob wir Dank Brexit oder Dank Schwarzmundgrundel den Aspirin-Ersatz Hering mit erhöhtem finanziellem Aufwand ergattern müssen. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn die Schwarzmundgrundel ist nicht die, der oder das Einzige, was uns die Aufwartung macht.

Unsere neuen Mitbewohner der Meere, fachlich kurz Neozoen genannt und damit sprachlich als Bedrohung verniedlicht, brauchen übrigens nicht unbedingt Flossen, um zum Schrecken der Gewässer zu mutieren. Es geht auch mit Füßen: Ursprünglich aus dem Nordwest-Pazifik stammend gelangten Asiatische Strandkrabben in den 1990er-Jahren versehentlich an die französische Atlantikküste und brauchten nur knapp zehn Jahre, um auf Norderney zu landen. Diese Typen sind aggressive, räuberische Allesfresser mit Manieren, die uns Menschen ein lebenslanges Hausverbot bei amerikanisch klingenden Fast-Food-Ketten einbringen würde. Alles was kleiner oder gleich groß ist, wird zu überwältigen versucht – auch Kannibalismus ist belegt.

Jetzt denken wir natürlich gern bequem. „Ist doch nur ein Problem im Salzwasser“ oder „Krabben sind doch lecker.“ Nein, falsch gedacht. Erstens betrifft diese Invasion nicht nur unsere Küs­ten und zweitens können wir gar nicht so viele Krabben essen, wie hier plötzlich anlanden.

Da hilft nur alternativ denken. Und handeln. Holt sie aus dem Wasser und stellt sie auf den Tisch. Viel kauen sichert Arbeitsplätze, sozusagen. Wer sich jetzt dazu angeregt sieht, deutsche Gourmets in ihrem Kampf gegen Neozoen durch kauende Bewegungen zu unterstützen, sei herzlich willkommen. Dazu muss man noch nicht einmal selbst kochen. Den Restaurantbesitzer seines Vertrauens kann man ruhig einmal nach Sardinen aus der Nordsee an amerikanischen Flusskrebsen aus dem Löschteich der Freiwilligen Feuerwehr fragen. Sie haben richtig gelesen: Sardinen aus der Nordsee. Die auch massenweise in Holzkisten oder Blechdosen auftretende Sardine hat es aus dem warmen Mittelmeer in die einst kalte Nordsee geschafft. Und das nicht als Urlaubsgast. Dass Flusskrebse wiederum heute fast alle amerikanisch sprechen, ist traurige Gewissheit.