Geiz ist geil, das war einmal. Der neue Geiz heißt Sparen. Gezwungenermaßen! Klar würden wir viel lieber weiter besonders dicke Rib-Eye-Steaks auf den Gasgrill der ihnen eigenen Bestimmung zuführen, nachdem wir die edlen Stücke, am besten aus Südamerikanischer Herkunft, vom Metzger unseres Vertrauens per Lastenrad mit Vier-Takt-Motor statt Auto – der Umwelt wegen – schnell noch geholt haben. Doch nun ist alles anders. Wegen des Russen. Und wegen des Klimas. Und wegen überhaupt. Wenn wir den nächsten Winter überleben wollen, gilt ab sofort: Wir müssen sparen. Nein, besser, wir wollen sparen. Also ersparen wir uns erstmal das Lastenrad und nehmen doch lieber das Auto. Dann ersparen wir uns die Steaks und weichen auf Tofu aus. Und zu guter Letzt sparen wir uns auch den Gasgrill. Und kochen wie einst unsere Vorfahren ganz reduziert. Weil wir es wollen, weil wir es können, weil es geil ist. Und natürlich, weil wir Spaß wollen. In einer kalten Wohnung ohne Steak und schlimmer noch, mit Tofu, gelingt das nur, wenn wir uns das schön reden.
Das ist genauso, wie vor kurzem noch mit dem Geiz. Den fanden wir auf Anraten einer Werbeagentur ja auch ganz toll. Und konnten uns nicht vorstellen, wie wir vormals noch mit dem Geld so rumprassen konnten. Deshalb lieber konsequent nur Schrott gekauft und dafür das Sparschwein für den nächsten Malle-Urlaub gefüttert. Denn das fanden wir richtig. Das fanden wir geil. Das fanden wir richtig geil. Wobei die, denen es wirtschaftlich nicht ganz so gut ging wie uns, die kannten das schon und fanden dementsprechend Geiz als nicht zwingend geil. Aber jetzt ist aus der Untugend Geiz die Notwendigkeit des Sparens geworden. Der lässt sich nur ertragen, wenn es Spaß macht. Das hat was mit den unschönen Eigenschaften einer Wohlstandsgesellschaft zu tun. Die Eigenschaft, die dereinst eine ganze Generation definiert und dominiert hat. Eine Spaßgesellschaft musste es sein, und eine Spaßgesellschaft ohne Spaß ist eine traurige Gesellschaft.
Beim Sparen hat das Folgen. Wir sparen nicht weil es sinnvoll ist und uns vor größerem Übel bewahrt, wir sparen weil wir sonst den Spaß verlieren. Dahinter steht die Angst. Wir sparen, weil uns sonst im Winter nicht nur kalt wird, sondern wir auch die Kalte Küche bemühen müssen. Statt „Gib Gas, ich will Spaß“ bemühen wir dementsprechend den Motivationshelfer „Spare in der Zeit, so hast du in der Not“.
Für den kleinen Teil der Gesellschaft, der mehr als Spaß anstrebt, ist das besonders bitter. Denn das Sinnvolle beim Sparen ersparen wir uns. Wir denken nicht über die Krise nach, sondern lieber darüber, wie wir in der Krise unseren Spaß haben. Aber ganz ehrlich, den kann man in einer zwei Grad kälteren Wohnung auch mit einem Pullover mehr haben. Den kann man auch auf der Autobahn bei 130 km/h haben und den kann man in der Küche auch mit einem Steak weniger haben. Es muss allerdings nicht zwingend Tofu als Ersatz her. Und wir müssen uns darüber klar werden, dass weniger tatsächlich manchmal mehr sein kann. Denn Winter hin oder her, wenn wir jetzt – ganz wichtig – denkend und nicht des Spaßes wegen in der Krise sparen, können wir unseren Spaß behalten.