Wer hätte das gedacht? Sport kann doch noch Spaß machen. Also nicht zwangsläufig der, bei dem man sich selbst mittels Muskelmasse und deren mehr oder weniger zielgerichteten Einsatzes in transpirierende Zustände versetzt, sondern Sport als visuelles Erlebnis. So geschehen die letzten Tage rund um die Hauptstadt weißer Würstchen und schaumbedeckter Hefekraftgetränke. Da hat nämlich etwas stattgefunden, was den grummelnden deutschen Grantler nahezu in Ekstase versetzt hat. European Championship nannte sich das Spektakel und es kam ganz ohne Knebelverträge Bachscher Ideologie und paranoider Ellenbogenmentalität bei völlig körperlich und geistig unsportlichen Funktionären aus. Sogar die Politik hatte Stadionverbot bis auf die mehr als fairen Gesten von Sportlern und Zuschauern gegenüber den Teilnehmern aus einem Land, die tatsächlich so etwas Unsportliches wie den russischen Überfall versuchen zu überleben.

Doch zurück zu den schönen Momenten, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, mal von Sport zu schwärmen. Wer bewundern durfte, wie Athleten sich an nahezu glatten Wänden um Halt bemühten, wer Schwimmende, Laufende, Radfahrende, nennen wir sie Positiv-Wahnsinnige, bei gefühlt hundert Grad Außentemperatur am fälschlich so genannten Olympiastadion um Sekunden kämpfen sah und wer die Freude bei Sportlern sah, die vermeintlichen Gegner für eine bessere Leistung als die eigene beglückwünschen zu können, bekam eine Ahnung davon, was wirklich unter dem olympischen Gedanken zu verstehen ist. Jedenfalls nicht eine Diskussion über Sportlergagen, Merchandising und Profilierungssucht.

Deshalb kam auch keine Freude auf, als einige Selbstberufene den Wunsch äußerten, in Deutschland mal wieder die bekannten Ringe an Rhein, Ruhr, Isar oder Elbe zu holen. Begreift doch bitte, ihr ewig Gestrigen, Sport sollte kein Geschäft sein. Das ist bitter für alle, die einen vermeintlichen Hoffnungsträger oder -in zu Hause nähren, die im Sport anderer die eigene Karriere vermuten oder die schlicht auf 15 Sekunden Ruhm und Anerkennung hoffen. Oder die im Profisport, ja auch bei denen die gegen Leder treten, für ein paar Penunsen Heim und Herd verlassen. Und es ist bitter für alle, die langfristig ausgerichtete Verträge mit den Unsportlichen von veralteten Komitees haben, die die Antike nicht nur im Blick, sondern auch im Verstand haben.

Und siehe da, wenn Sport Spaß macht, klappt es auch mit den sportlichen Leistungen. Bei der letzten Leistungsschau unter fragwürdigen Ringen an fragwürdigen Orten hatte der deutsche Sport zwar der Maxime „Dabei sein ist alles“ gefrönt, mehr aber auch nicht. Stattdessen sah man die oben erwähnten grummelnden Grantler auf den Tribünen genauso wie auf der Tartanbahn. Wer solche Ringspiele will, soll sich entweder ein Ingolstädter Auto kaufen oder ein Klebe-Sammelband mit den Konterfeis vermeintlicher Funktionärsgrößen.

Warum also, sollte man sich fragen, ist die tote Idee vom Typ hellenistischer Spiele nicht wirklich tot. Vom Sport hat sich der olympische Gedanke doch schon lange verabschiedet. Wie schön ihn also ohne Ringe um die Augen an anderer Stelle wieder gefunden zu haben.