Schwangere Frauen und Hebammen werben für Geburtshilfe als Grundversorgung Foto: Pixabay
HANNOVER/CUXHAVEN re ∙ Das niedersächsische Krankenhausgesetz steht vor der Neufassung. Der aktuelle Entwurf sieht vor, die Geburtshilfe als Fachabteilung einzustufen. Die Erreichbarkeit eines Kreißsaals würde – bei guten Verkehrsverhältnissen – auf 45 Minuten hochgesetzt. Dies ist aus der Sicht des Niedersächsischen Aktionsbündnisses „Gesundheit rund um die Geburt“ nicht zumutbar. Es hat eine Petition gestartet, die sich für eine flächendeckende und wohnortnahe Geburtshilfe in der Grundversorgung einsetzt. Die zeitnah geplante Verabschiedung des neuen Krankenhausgesetzes für Niedersachsen erfordere rasches Handeln.
„So viele Menschen wie möglich sollten diese Petition unterstützen und unterzeichnen“, so Heike Kastner, Hebamme und Familienhebamme beim Paritätischen Cuxhaven: „Denn es wäre zum Beispiel kaum vorstellbar, wenn unser Kreißsaal in Cuxhaven schließen müsste, aufgrund eines Gesetzes, in dem die Geburtshilfe keine Grundversorgung mehr sein soll. Wohin sollten die Schwangeren fahren: nach Bremerhaven, nach Stade? Wie kommen schwangere Frauen ohne Auto nach Bremerhaven oder Stade?“, gibt Heike Kastner zu bedenken. Aus Angst, zu spät in die Klinik zu kommen, würden sich die Schwangeren vielleicht viel zu früh auf den Weg machen, was oft mit Interventionen in den Geburtsprozess einhergehen kann. „Nein, wohnortnahe Geburtshilfe muss erhalten werden und muss Grundversorgung bleiben.“
Die Geburt ist der häufigste Grund ein Krankenhaus aufzusuchen, allein 74.000 Geburten fanden in Niedersachsen im Jahr 2020 statt. Ungeachtet dessen werden weitere geburtshilfliche Abteilungen geschlossen, wie im letzten Jahr in Emden und Friesoythe. Diese fortgesetzten Schließungen führen durch fehlende wohnortnahe Versorgung und überfüllte verbleibende Kreißsäle zu gesundheitlichen Risiken. Die Frauen müssen weite Wege zur Geburt in Kauf nehmen und Wahlmöglichkeiten fehlen. Bereits jetzt haben alle übrig gebliebenen 64 geburtshilflichen Abteilungen (2015 waren es noch 84) eine sehr enge Versorgungslage oder sind teilweise überlastet und müssen Frauen abweisen.
Flächendeckende geburtshilfliche Angebote, die eine natürliche Geburt, ausreichende Schmerzmedikation wie auch alle anderen nötigen Eingriffe bis zum Kaiserschnitt ermöglichen, müssten genauso erreichbar sein, wie die Grundversorgung für die Chirurgie und die Innere Medizin, denn „eine Geburt kann genauso dringend sein, wie ein Herzinfarkt oder ein Beinbruch“, sagt Birgit Ehring-Timm, Sprecherin des Aktionsbündnisses. Bereits seit 2017 setzt sich das Aktionsbündnis für die flächendeckende Umsetzung des Nationalen Gesundheitsziels „Gesundheit rund um die Geburt“ ein. Wohlfahrtsverbände und Elterninitiativen stehen gemeinsam mit Frauenverbänden für eine wohnortnahe Geburtshilfe ein, sowie für gute Rahmenbedingungen während der Schwangerschaft und im 1. Lebensjahr des Kindes. In Niedersachsen lasse die Umsetzung des Gesundheitsziels auf sich warten und die Frauen und Familien würden nicht entsprechend ihrem Bedarf betreut.
Die Zeichnung der Petition ist auf Change.org/Geburtshilfewohnortnah möglich.