Kuratorin Dr. Jessica Lütge und Hans Hochfeld, 1. Vorsitzender des Cuxhavener Kunstvereins freuten sich, die Künstler René Sauerbrei (2.v.l.) und Willem Julius Müller (r.) im Schloss begrüßen zu können        Foto: hgi

CUXHAVEN hgi ∙ „ Ich bin positiv überrascht, wenn ich diesen Raum betrete“, sagte Cuxhavens Bürgermeisterin Silke Karallus zur Ausstellungseröffnung „Naturgewalt“ im Schloss Ritzebüttel. Bei Naturgewalt denke man an der rauen Nordseeküste an Wind, Sturm und Schnee, Verwüstung eben. Aber diese leuchtenden Farben zeigen etwas ganz anderes. Sie sei stolz, dass Schloss Ritzebüttel einen Namen als Ausstellungsort habe. Kultur und netter Austausch sei etwas Schönes.

Die Gemeinschaftsausstellung beleuchte die Naturgewalt aus unterschiedlichen Aspekten, so der 1. Vorsitzende des Cuxhavener Kunstvereins, Hans Hochfeld. Und trotzdem ergänzen die Bilder sich. „Als wir uns vor zwei Jahren trafen, waren wir selbst überrascht, dass beides zusammen funktioniert“, sagte Willem Julius Müller. „Das Gegensätzliche ist spannend und man sieht, was Kunst ermöglicht.“

Vergänglichkeit und Unvergänglichkeit

Die Bilder von Willem Julius Müller schildern eine Situation in stillgelegten Orten, wie den Luna-Park, der einst der größte und berühmteste Vergnügungspark Berlins war. Noch ist das Riesenrad in leuchtenden Farben zu erkennen, doch es fährt schon lange nicht mehr. Die Natur hat diesen Platz zurückerobert. Mit Fantasie kann man überlegen, was in der Nacht dort passiert. Hört man das Juchzen der Menschen, die einst Spaß bei einer Fahrt hatten? Gehen die Lichter an? Oder krabbeln Igel durch das Gras und sind froh, dass sie ihre Ruhe haben?

„Bei meinem ersten Besuch in Cuxhaven, als wir die Räumlichkeiten für unsere Ausstellung im Schloss Ritzebüttel besichtigten, sind mir zwei Motive begegnet. Ein aufgegebenes Boot und ein verlassener Wohnwagen“, erzählte Willem Julius Müller. Er sprach von der Apokalypse als Anfang. Es ist etwas passiert. Der Moment ist eingefroren. Vieles löst sich auf und irgendwann wird es diese Situation nicht mehr geben. Die Natur erobert sich das Gelände zurück. Die Kunst hat etwas Berührendes, wenn man sich berühren lassen will.

„Ich sehe etwas in der Natur, ich verinnerliche das Gesehene, es geht durch meinen Körper“

„In der Schulzeit hatte ich Angst vor Formeln“, sagte Dr. Jessica Lütge Kuratorin im Cuxhavener Kunstverein lächelnd. In den Bildern von dem Meteorologen, Mathematiker und Künstler René Sauerbrei wird Natur und Mathematik grafisch dargestellt. „Ich sehe etwas in der Natur, ich verinnerliche das Gesehene, es geht durch meinen Körper“, erklärt der Künstler. Er habe es sich zur Aufgabe gemacht, zwei scheinbar nicht zu vereinbarende Disziplinen zu verbinden. Das Ergebnis, ist eine Symbiose aus der rationalen Naturwissenschaft und der vielfältigen Emotionswelt des Individuums.

Er arbeite immer größer, mit dem ganzen Körper und kratze das Innere aus sich heraus. „Man muss nah an die Bilder herangehen, damit man meine selbst geschriebenen Formeln in dem Bild erkennt.“ Eine neue Verbindung zur Mathe-Schönheit, Rationalität und Emotionalität aus der Natur. Das sind zwei Wege, die sich über die Jahre angeglichen haben. Seine ganz eigene Technik aus Sepiatusche, Schellack und der Einfluss von Wind und Wetter im Entstehungsprozess prägen die beeindruckenden Bilder aus Formeln, Formen und Farben – irgendwo im Spannungsfeld zwischen intensivem Naturerlebnis und abstrakter Mathematik.

Durch die Anwesenheit der beiden Künstler wurde die Aussage ihrer Werke spürbar. „Für drei Tage genossen wir einen kleinen Urlaub in Cuxhaven bei schönstem Sonnenschein“, sagten sie zum Abschied vor ihrer Rückreise nach Berlin.

Die Ausstellung „Naturgewalt“ ist bis zum 24. Juli im Schloss Ritzebüttel zu besichtigen. Öffnungszeiten: Dienstag und Mittwoch 11 bis 13 Uhr sowie 14 bis 17 Uhr. Samstag und Sonntag 11 bis 15 Uhr.