CUXHAVEN sh ∙ Was heute eine Selbstverständlichkeit ist, hat vor 125 Jahren seinen Anfang gefunden. Gutes Trinkwasser in einer gleichbleibenden Qualität steht uns in Cuxhaven immer zur Verfügung. Das ist so normal für uns alle, dass wir nie hinterfragen, wer es liefert und wo es herkommt. Und wer dafür gesorgt hat, dass es so ist. Denn so unglaublich es heute klingt, tatsächlich ist Hamburg dafür verantwortlich. Genauer ein Hamburger Amt, genannt Hamburger Wasserkunst.

Cuxhaven, Hamburg, Norddeutschland und tatsächlich ganz Europa litten lange unter den Seuchen Cholera und Typhus. Grund waren vor allem grauenhafte hygienische Zustände. Erst als Robert Koch 1883 den Choleraerreger entdeckte und nachwies, dass dieser vor allem durch verunreinigtes Wasser übertragen wird, verbesserten viele Städte ihr Trinkwassersystem. So auch Cuxhaven. Allerdings war Cuxhaven Ende des 19. Jahrhunderts eine Hamburger Enklave. Und hatte ähnlich gefüllte Stadtsäckel wie zweihundert Jahre später. So waren die Cuxhavener selbst nicht willens, eine saubere Trinkwasser- sowie eine hygienische Abwasserversorgung zu bezahlen.

Verantwortlich zeigte sich auf Beschluss der Senatoren vom 17. Mai 1895 das Amt Hamburger Wasserkunst

Hamburg wollte sauberes Wasser, Hamburg sollte zahlen. Auch Ende des 19. Jahrhunderts hieß das Zauberwort „Ausschreibung“. Man beauftragte den Berliner Unternehmer und Ingenieur Hoffmann mit der Ausführung. Denn in Cuxhaven lief es bis dato wie folgt ab. Das Wasser der Elbe diente ohne große Vorklärung schon als Abwasserkanal. Da verbot es sich, fünf Meter weiter flussabwärts auf sauberes Trinkwasser zu hoffen. Und so setzte man seit dem Mittelalter auf aufgefangenes Regenwasser sowie vereinzelt auf Brunnen. Um das Wasser zu sammeln, nutzte man Zisternen. Die Filtration erfolgte, wenn überhaupt, durch Sand und Kies, bevor es in den Zisternen gesammelt wurde.
Der Berliner Hoffmann musste dieses System ersetzen, wenn er Cholera und Typhus an den Kragen wollte. So machte er sich zuerst auf die Suche nach geeigneten Schöpfstellen.

Diese sollten ausreichend Wasser vorhalten, um die Stadt Cuxhaven inklusive Döse das Jahr über sicher zu versorgen. Erste, viel versprechende Fundstellen war schnell gesichtet, lagen jedoch außerhalb des Cuxhavener Stadtgebietes. Das war nämlich wesentlich kleiner als heute und das Umland zudem nicht in Hamburger Hand. Und in Cuxhaven wollte man nicht den Nachbarn das nötige „Wassergeld“ zahlen.

Eine erste Schöpfstelle wurde dann da eingerichtet, wo auch heute noch eines von zwei Wasserwerken zu finden ist. Das Wasserwerk Drangst sorgt nach wie vor für sauberes Trinkwasser in immer gleichbleibender Qualität. Vom Drangster Wasserwerk wurde das Wasser auf nach und nach bis zu fünf Wasserspeicher verteilt und von da, um den nötigen Druck für die Wasserleitungen aufzubauen, in den Cuxhavener Wasserturm gepumpt. Der Wasserturm wurde 1897 fertiggestellt und war zunächst Wasserwerk und Speicher in einem. Ein cleveres System, dass, auch dank einiger Modernisierungen, bis 2004 im Dienst war.

1897 war eine erste Inbetriebnahme des neuen Wassernetzes zu verzeichnen. 22 Kilometer war das Netz lang, und verfügte, da nicht jedes Haus direkt angeschlossen wurde, über 100 über die Stadt verteilte Hydranten. Um zumindest einen Teil der Kosten wieder hereinzuholen, wurden die Hausbesitzer verpflichtet, einen Wasseranschluss in ihre Häuser legen zu lassen. Ein Prinzip der Refinanzierung, welches auch heute noch beispielsweise bei Straßenausbaubeiträgen seine Fans hat. Da Ende des 19. Jahrhunderts in Cuxhaven viele Auswanderer Station machten, wurde der Hafenspeicher im neuen Fischereihafen gebaut.

Private Brunnen und Zisternen sind heute verschwunden

Auch heute noch profitiert Cuxhaven von der Arbeit des Berliner Ingenieurs Hoffmann. Die Hydranten dienen, sofern noch vorhanden, allerdings heute mehr der Gefahrenabwehr. Auch wenn es momentan noch Brunnen in der Stadt gibt, privat dürfen sie nicht mehr genutzt werden. Waren es 1912 noch 32 Kilometer Wasserleitung, sind es heute über 430 Kilometer. Heute ist auch kein Privatunternehmer mehr verantwortlich für Trink- und Abwasser, sondern EWE-Netz. Die allerdings blicken stolz zurück auf 125 Jahre Wasserversorgung in Cuxhaven. Und laden zum Tag der offenen Tür am 3. Juni alle Interessierten ins Wasserwerk Cuxhaven im Drangstweg 89a ein. Dahin also, wo der Siegeszug der Wasserversorgung in Cuxhaven begann.