Historiker Vojtech Kyncl erinnerte an das Massaker von Lidice und dessen bis heute offenen Wunden     Foto: sh

BREMERHAVEN sh ∙ Wer die Meldung über die Gräueltaten in Butcha noch im Gedächtnis hat, muss erkennen, dass vor achtzig Jahren die deutsche Wehrmacht unweit von Prag auf ebenso barbarische Weise gegen die Bewohner eines Dorfes vorgegangen sind. Lidice ist am 10. Juni 1942 vollständig dem Erdboden gleichgemacht worden. Die erwachsenen männlichen Einwohner wurden sofort noch am Ort ermordet. Die weiblichen Einwohner und Kinder wurden in Konzentrationslager deportiert und über 80 Kinder des Dorfes später in den Gaswagen von Kulmhof umgebracht. Nur einige wenige Kinder, die den nationalsozialistischen Rasseidealen entsprachen, wurden von reichsdeutschen Familien zwangsadoptiert. Nur sie und einige wenige Frauen überlebten.

An dieses Verbrechen wurde anlässlich des kommenden 80. Jahrestages vom Historiker Vojtech Kyncl im Deutschen Auswandererhaus (DAH) in Bremerhaven erinnert und von ihm auf die Auswirkungen bis heute beleuchtet. Lidice wurde noch vor Kriegsende in der ganzen Welt mahnendes Symbol für die mörderische und zerstörerische Macht des nationalsozialistischen Deutschlands und ist, so Vojtech Kyncl, „bis heute eine schwere Hypothek, aber auch zugleich Mahnung und Verpflichtung in der Zukunft für die deutsche Nachfolge-Generationen“. Der Historiker berichtete auch von seinen aktuellen Forschungen zu dem Verbrechen und berichtete von Verdrängung auf allen Seiten.

Auf der deutschen Seite, die bis 1990 an eine ehrhafte deutsche Wehrmacht glaubte genauso wie der tschechischen Seite, die Kollaboration und Verrat an ihren eigenen Landsleuten negiert. Eine schwere Hypothek, die die wissenschaftliche Aufarbeitung erschwert und das Unfassbare noch unfassbarer macht.