Erwiesen sich als geduldige Zuhörer, die viele Anregungen für die Themen Härtefallfonds und erweitertes Wohngeld mitnahmen – Daniela Behrens und Stephan Weil Foto: tw
BEDERKESA tw ∙ „Wahlkampf ist auch immer eine Lernveranstaltung“, findet Ministerpräsident und SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil. Deshalb hörte er am vergangenen Samstag auch aufmerksam zu, als ihm Albrecht Preisler, Superintendent im Kirchenkreis Wesermünde und Schuldnerberaterin Lore Barmeyer, über ihre Arbeit in der Schuldnerberatungsstelle des Diakonischen Werks Cuxhaven-Land Hadeln in Bad Bederkesa berichteten. Weil besuchte die Beratungsstelle auf Einladung von Sozialministerin und Landtagskandidatin Daniela Behrens (SPD), um sich einen Eindruck von der Arbeit vor Ort zu verschaffen.
Und erfuhr, dass die Zahl der Hilfesuchenden immer weiter steigt, und das nicht nur durch die starke Erhöhung der Energiepreise, die erst im nächsten Jahr so richtig durchschlagen würde, wie Barmeyer deutlich machte. Dass die Zahl der Hilfesuchenden immer weiter steigt ist auch dem Ministerpräsidenten und seiner Sozialministerin nicht entgangen. Daher will das Sozialministerium die Förderung für die 69 Schuldnerberatungsstellen im Land noch im laufenden Jahr von rund 650.000 auf bis zu 1,5 Million Euro erhöhen. Damit könnten die Beratungsstellen ihre Beratungsstunden aufstocken.
Doch mehr Stunden allein reichen nicht aus, so Barmeyer. Denn die Leute kämen oft erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen sei. „Armut ist ein tabubesetztes Thema. Das betrifft vor allem Senioren, die stellen keine Anträge“. Sie kämmen erst, wenn der Druck unermesslich, die Rente bereits gepfändet werde. Und es seien vor allem immer mehr Rentner dabei, die eigentlich gut verdient hätten, aber durch ihre private Krankenversicherung und chronische Krankheiten in Armut kämen. „Und diese Menschen fallen durch alle Maschen“, so Barmeyer. Denn es seien nicht nur die hohen Kosten der Privatversicherung, sondern die zu leistenden Zuzahlungen, die gerade bei chronisch Kranken ein nicht zu stopfendes Loch verursachten und nicht anerkannt würden.
Ein Thema, das Stephan Weil durch ein kleines Praktikum in der ambulanten Pflege nicht unbekannt ist, wie er sagte. Deshalb wolle er das Thema mit in die Überlegungen für die regionalen Härtefallfonds nehmen, die in Vorbereitung seien, „für Fälle, bei denen die sozialen Sicherungssysteme nicht funktionieren“.
Was zum Thema unbezahlte Stromrechnungen führte, die oft in eine sich immer weiter erhöhende Kostenspirale führten, und das nicht nur weil man im teuren Grundtarif lande. Denn auch wenn die Betroffenen wieder ihre Abschläge bezahlen könnten, würden damit die ausstehenden Beträge getilgt und nicht die aktuellen Rechnungen. Das bedeute, dass der Sperrvermerkt bestehen bleibe und damit auch immer weitere Kosten entstehen. „Die Leute sitzen in der Falle.“ Barmeyer würde sich deshalb wie im Land Bremen auch für Niedersachsen einen runden Tisch wünschen an dem etwa Teilzahlungsvereinbarung ausgehandelt werden könnten.
Ein weiter Punkt war das Thema Wohngeld, dessen Beantragung erleichtert und von Bürokratie entlastet werden müsse, wie Preisler und Barmeyer finden. So genügt es etwa bei der Wohngeldbeantragung nicht, Gehaltsbescheinigung und Mietvertrag vorzuzeigen, man braucht noch mal extra Bescheinigungen von Arbeitgeber beziehungsweise Vermieter. „Wer fragt seinen Vermieter nach so einer Bescheinigung, wenn er Angst haben muss, dass ihm gekündigt wird?“, fragte Barmeyer.
Hinweise, die der Ministerpräsident interessiert entgegennahm und sich auch konkrete Handlungsempfehlungen wünschte. „Was würden sie als Ministerpräsidentin tun?“, fragte er Barmeyer, dem gleich viel einfallen würde und es ihm gerne schriftlich übermitteln will.