Zwischen den Führungen ist schon mal eine kleine Verschnaufpause erlaubt   Foto: jt

SITTENSEN/NEUHAUS jt ∙ Beke Behrens wächst zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Tochter des Hofmeiers auf dem Gut der adligen Familie von Schulte auf und verrichtet zunächst den Dienst als Kleinmagd. Die Eltern aber schicken sie in den Haushalt zu einer Hamburger Kaufmannsfamilie. Napoleon hält zu dieser Zeit Europa in Atem und Beke ist mittendrin. Sie kann Hamburg gerade noch rechtzeitig vor dem Eiswinter 1813/14 verlassen. Eine packende Zeitreise beginnt…

Den Traum vom Schreiben verspürte Susi Münch schon von Kind an – „Eigentlich, sobald ich schreiben konnte“, verrät sie. „Für mich war es super interessant, in die Zeit vor 200 Jahren einzutauchen. Mein Onkel hat mir schon als Vier- bis Fünfjährige Geschichten erzählt. Auch meine Lehrerin war sehr heimatnah und ich sog geschichtliche Erzählungen immer auf.“

So ist es nicht verwunderlich, dass Susi Münch als ausgebildete und zertifizierte Gästeführerin Besucher auf eine Reise durch die mehr als 1.200-jährige Geschichte ihres, an der Oste gelegenen Geburtsortes, Sittensen, führt. Und das in der originalen Arbeits­tracht mit dem „Peerkopp“.

Führt sie ihre Gäste auf den Spuren der adeligen Familie Schulte von der Lühe zu deren ehemaligem Besitz, dem Klostergut Burgsittensen, trägt sie historische Kleidung von 1880. „Es ist wichtig zu zeigen, dass hier Leben stattfand und findet“, erzählt Susi Münch, die dort ihren Lieblingsplatz hat. „Das adelige Gut der von Schulte hatte schon in Kindertagen mein Interesse geweckt. Manchmal brauchen Gedanken Jahrzehnte, um umgesetzt zu werden. So bekam ich vor fast zehn Jahren die Rotenburger Schriften in die Hände und entdeckte darin eine Zusammenfassung des Herrn Otto Schulte, Verwalter des Gutes und Onkel des Erbherrn Caspar Detlef von Schulte über die Aufgabengebiete aller Mägde, Knechte und anderer Bediensteten auf dem großen Gut. Außerdem gab es ausführliche Beschreibungen über das Kerzenziehen, die Fischerei, den Holz- und Torftransport nach Hamburg und vieles mehr. Das war der Auslöser zum Schreiben eines Romans in überschaubarer Länge über eine Magd, die auf dem Gut für die adelige Familie von Schulte im Dienst ist.“

An dem unterhaltsamen Roman mit geschichtlichem Hintergrund schrieb Susi Münch acht Jahre bis zur Veröffentlichung. Neben ihrer Berufstätigkeit als Anästhesie-Schwester empfindet sie das Schreiben als perfekten Ausgleich. „Ich schreibe im Winter, statt Fernsehgucken“, sagt sie. „Das ist für mich gewinnbringend. Im Sommer bin ich gerne draußen, genieße die Sonne, recherchiere und mache mir Notizen.“

Sie habe an ihren freien Tagen geschrieben, ohne viel Pausen. Auch zwei Wochen Urlaub wurden so genutzt, in denen sie sich auch nicht von Freunden stören ließ. „Ich habe viel Spaß am Schreiben meines ersten großen Buches gehabt. Vorher habe ich ein Sachbuch, eine Familienchronik über von Schulte geschrieben, die im 12. Jahrhundert ge­adelt wurden. Und im Novum-Verlag erschien der Krimi ‚Brandungswellen‘. Die Grundidee dabei war, das Leben der einfachen Leute und Bauern (Hochzeiten, Märkte, Alltagsleben) in unserer Region vor 200 Jahren zu beschreiben. Dazu gab es den vortrefflichen Gegensatz des wohlhabenden Adels auf dem alten Rittergut Burgsittensen.Da die Aufzeichnungen des Otto Schulte genau in die Franzosenzeit fielen, bin ich bei meinen Recherchen auf eine auch in unserer Region so überaus bemerkenswerte Zeit gestoßen, dass ich die Geschichte auch auf Hamburg ausdehnen musste.“

Somit war Susi Münch lange mit den geschichtlichen Nachforschungen beschäftigt und hat den Roman „Knechtschaft unter der Trikolore” im Herbst 2019 über den BoD-Verlag veröffentlicht. Nach zwei Lesungen auf Burgsittensen folgte dann bald der Lockdown, „und seitdem hat uns die Pandemie ja bekanntlich nicht viel Spielraum gegeben“.
Susi Münch hofft, dass ihr Roman viele Leser finden wird, die sich gerne von ihr auf eine Zeitreise mitnehmen lassen wollen. Auch die Liebe kommt in der Franzosenzeit nicht zu kurz. Wer ganz nah dran sein will: Am heutigen Samstag, 28. Mai, stellt Susi Münch ihr Buch um 18 Uhr im Gewölbekeller in Neuhaus, Deichstraße 23, mit einer Lesung vor. Organisiert hat die Lesung die Arbeitsgemeinschaft Osteland.