NORDHOLZ jt ∙ Mit einem offiziellen Festakt wurde das erste Regionale Versorgungszentrum (RVZ) Niedersachsens am 1. März in Nordholz, Gemeinde Wurs­ter Nordseeküste, Feuerweg 6c, seiner Bestimmung übergeben. Zur Eröffnung kamen Niedersachsens Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung, Birgit Honé, Cuxhavens Landrat Kai-Uwe Bielefeld, Gemeindebürgermeister Marcus Itjen und Daniela Behrens, Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. Eine Führung durch das Gebäude in Kleingruppen schloss sich an.

„Ich bin begeistert, mit welchem Engagement Sie den Aufbau des Versorgungszentrums hier vor Ort vorangetrieben haben“

„Ich freue mich sehr, dass unsere Idee von der Bündelung von Daseinsvorsorge-Einrichtungen in der Fläche mit dem heutigen Tag Wirklichkeit wird“, betonte Birgit Honé in ihrer Festrede. Eine gute Daseinsvorsorge sei die Voraussetzung für dauerhaft attraktive und lebenswerte ländliche Räume, betonte sie. „Mein besonderer Dank geht heute insbesondere an die handelnden Personen des Landkreises Cuxhaven und der Gemeinde Wurster Nordseeküste. Ich bin begeistert, mit welchem Engagement Sie den Aufbau des Versorgungszentrums hier vor Ort vorangetrieben haben“, so Honé.

Ziel ist es, Hausärzte, die nicht das Risiko einer eigenen Praxis eingehen wollen und stattdessen unter einem kommunalen Dach angestellt sind, für den ländlichen Raum zu gewinnen. Neben der ärztlichen Versorgung bietet das RVZ in der restaurierten früheren Marineflieger-Villa mitten im Ort auch Physiotherapie, ab Herbst kommt ein Pflegedienst hinzu, und über ein Sanitätshaus wird gerade verhandelt. Das Land Niedersachsen hat das Nordholzer Projekt mit 1,3 Millionen Euro unterstützt. Weitere Regionale Versorgungszentren entstehen in Nordenham (Landkreis Wesermarsch), Alfeld (Landkreis Hildesheim), Baddeckenstedt (Landkreis Wolfenbüttel) und Auetal (Landkreis Schaumburg).

Als Pioniere betitelte Regional- und Europaministerin Birgit Honé die Macher, die mit dem ersten RVZ Niedersachsens Neuland betreten hatten. Weniger als zwei Jahre Planungs- und Bauzeit hatten sie gebraucht, um das Projekt aus der Taufe zu heben. Jetzt wolle man doch mal schauen, „ob es uns gelingt, junge Ärztinnen und Ärzte in den ländlichen Raum zu bekommen“, so die Ministerin.

Das RVZ sei für Nordholz und die Wurster Nordseeküste ein echtes Highlight, betonte Landrat Kai-Uwe Bielefeld, der das Projekt immer „als eine richtige und wichtige Entwicklungsperspektive“ gesehen hatte, um die ärztliche Versorgung in unserer Region sicherzustellen. Mithilfe von Ronald Wilksen und seiner Frau wurde das Projekt entwickelt und das Gebäude umgebaut. Ich freue mich, dass wir von Anfang an, auch in den politischen Gremien, in der Gemeinde Wurster Nordseeküste, als auch im Landkreis, eine einhellige Befürwortung des Projektes gehabt haben.“

Auch Dr. Andreas Rühle, promovierter Wirtschaftswissenschaftler und Geschäftsführer der Ärztegenossenschaft Niedersachsen-Bremen war die Freude ins Gesicht geschrieben. „Im Herbst 2020 haben wir mit dem Projekt angefangen und es in kurzer Zeit gemeinsam realisiert“, so der neue Geschäftsführer des RVZ. „Es gibt noch viele Bereiche, die umgebaut werden müssen, wie die Hausarztpraxis (Start 1. April), die Tagespflegeeinrichtung (DRK-Kreisverband Wesermünde), das Sanitätshaus und das Café“, skizzierte er die Lage. „Zwei Einheiten, wie die Physiotherapie (Sas­kia Tuffert) und die Gynäkologie (Facharzt Imed Ghabri), sind bereits im Betrieb.“ Der Standort ist geradezu ideal: Das Gebäude ist durch die Nähe zum Bahnhof und das Anruf-Sammeltaxi verkehrstechnisch sehr gut angebunden.

„Mit so einem zentralen Versorgungszentrum um den Nucleus ‚medizinische Versorgung‘ herum gebaut, schaffen wir nicht nur einen Anlaufpunkt für die ältere Bevölkerung, sondern wir schaffen auch Entlastung für diejenigen, die ältere Menschen betreuen. Und ein weiterer Aspekt käme hinzu: „Wir werden auch attraktiv für junge Familien. Die Zukunft gehört den ländlichen Räumen. Das sei eng verknüpft damit, dass wir eine gute Versorgungsstruktur bieten.“

In den Kommunen sieht sie echte Partner: „Die Kommunen bestimmen selbst, wie sie ihre Versorgungszentren bestücken wollen.“ Es gäbe unter den Modellen auch ein Versorgungszentrum, das eine Hebammen-Sprechstunde anbietet. Zusätzlich angesiedelt werden sollen soziale, familiäre und auch pflegerische Einrichtungen. „Wir vertreten den Standpunkt, dass die Region selbst weiß, was sie braucht.“

Marcus Itjen, Kai-Uwe Bielefeld und viele Mitstreiter waren diese Pioniere, die gesagt haben: Wir wollen nicht lange reden, wir wollen machen, und die diese Initiative mit einem unglaublichen Tempo vorangetrieben haben. Sie stellten sich einer ganzen Reihe von Herausforderungen, wie der Gründung von Gesellschaften. „Ich freue mich sehr, dass wir heute hier das erste Versorgungszentrum in Niedersachsen eröffnen können. Ich bin mir sicher, dass dieses Modell ein Erfolgsmodell wird. Wichtig ist nicht nur die medizinische Versorgung, sondern auch die Bündelung der Versorgung, mit dem Hintergrund, Synergien zu nutzen“, führte sie an.

„Das Nordholzer RVZ ist ein Glücksfall für unsere Gemeinde“, so Bürgermeister Marcus Itjen. „Wir sichern die ärztliche Versorgung und können wichtige Angebote der Daseinsvorsorge vorhalten. Damit schaffen wir hier eine wichtige Anlaufstelle und einen tollen Treffpunkt für die Menschen in der Region. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist, dass wir mit dem Einzug des RVZ in das denkmalgeschützte Gebäude eine sinnvolle Nachnutzung und einen mehr als repräsentativen Standort für unser RVZ gefunden haben.“ Wenn man die Möglichkeit habe, die ärztliche Versorgung der Bürger seiner Gemeinde selber in die Hand zu nehmen, sei das eine einmalige Chance, so Marcus Itjen. Er sei glücklich, dass man das Gebäude mit Leben habe füllen können und das Projekt Nordholz und die Gemeinde noch attraktiver für seine Bewohner mache. Man müsse sich auch mal etwas trauen, sagte er mit einem Augenzwinkern.

„Ich war 25 Jahre mit meinem Geschwader MFG 3 in diesem Gebäude. Im Keller der Jugendstilvilla, die Anfang des 20. Jahrhunderts zur Erholung gebaut worden war, hatten wir unseren Gefechtsstand für die Einsatzüberwachung des Flugbetriebes“, erinnert sich Helge Rothenberg, 1. Vorsitzender Seniorenbeirat Wurs­ter Nordseeküste. „Zum Glück hat die in Nordholz ansässige Firma Wilksen das Gelände gekauft und aus dem Hauptgebäude mit seinen rund 3.000 Quadratmetern Fläche wirklich etwas Schönes gemacht.“

 

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