Undemokratische Böller
Das neue Jahr geht weiter, wie das alte geendet hat. Letzte Woche mal wieder mit Raketen auf Wohngebiete. Es ist eine Schande, eine menschliche Perversität, und findet doch tatsächlich noch Unterstützer in so manchen gut geheizten Wohnstuben deutscher Wohlstandsignoranten. Man möchte schier verzweifeln an so viel Ignoranz.
Verzweifeln möchte man auch an denen, die mit Böllern und Raketen ihr grundgesetzliches Recht auf Demonstrationsfreiheit deutlich machen. Nein, es nicht eine Nachlese auf die Silvesternacht gemeint. Die war schon übel genug und führte letzte Woche natürlich wieder zur Debatte um eine Verschärfung des Waffenrechtes. Kleiner Tipp aus der demokratischen Ecke: Es würde schon reichen, das bestehende Waffenrecht auch konsequent durchzusetzen. Denn Böller und Schreckschusswaffen sind jetzt schon in den Händen unzuverlässiger Personen verboten. Richtig, Zuverlässigkeit ist nachweisbar und gesetzlich durch Verordnungen geregelt. Doch zurück zur Verzweiflung: Was sich in Lützerath, dieser Metropole des Braunkohleabbaus, am Wochenende abspielte, hat, in Teilen jedenfalls, nichts mit Demonstrationsrecht und noch weniger mit demokratischer Legitimation zu tun.
Es mag nicht besonders clever sein, sich in vier Metern Tiefe einzubuddeln, ist aber zumindest originell. Wenig originell ist aber ein Chaoten-Trupp, der nichts mit Klimaschutz im Sinn hat und nur zum Prügeln durch die Lande reist. Man möchte denen zurufen „bleibt doch in den Stadien“, aber das wäre doch arg zynisch.
Besser wäre es, wenn diese Zierde humaner Einfältigkeit an Aufgabe und Rückzug denken würde. So wie seit letzter Woche eine Ministerin im Kreuzfeuer der Kritik. Wobei es hier nicht um Einfältigkeit, sondern eher um Rückzug geht. Was Ministerin Lambrecht vorgeworfen wird, nennt man im Volksmund Verschlimmbessern. Den Zustand der deutschen Wehrhaftigkeit ihr anzulasten, ist unfair. Den haben zahlreiche Vorgänger zu verantworten. Aber ihr wenig überzeugender Auftritt in ihrer Amtszeit hat zu Nackenschmerzen ob des vielen Kopfschüttelns gesorgt. Farewell, möchte man gut gemeint sagen.
Farewell kann man wahrscheinlich auch zu deutschen Panzern in der nahen Zukunft sagen. Ok, nicht unbedingt nahen Zukunft, aber doch Zukunft. Denn der Druck auf die Bundesregierung, genauer den Kanzler, auch Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern, wächst wöchentlich. Nun wollen die Briten mit gutem Beispiel vorangehen. Letzte Woche kam die Zusage Premier Sunaks zur Lieferung der modernen Challanger-Panzer an die Ukraine. Wie gut für den Bundeskanzler, dass die deutsche Rüstungsindustrie ihn indirekt unterstützt. Selbst bei sofortiger Exportgenehmigung wäre die Lieferung vorhandener alter Leopard Panzer erst 2024 möglich. Es geht doch nichts über deutsche Gründlichkeit.
Um nicht nur trist auf die letzte Woche zurückzublicken, zum Schluss noch ein Schuss Erfreuliches. Das Land hat, eventuell ermuntert durch die schnelle Realisierung der LNG-Depots in Wilhelmshaven und Rostock, endlich die längst baurechtlich genehmigten Liegeplätzen 5-7 im Cuxhavener Hafen mit einem Startgeld von 100 Millionen Euro ausgestattet. Minister Olaf Lies brachte letzte Woche diese erfreuliche Botschaft in die Stadt. Denn man tau, es wird was mit Cuxhaven als Energiewende-Garant.