Helena Yesil dankte Jannis Blechschmidt und Robert Liebscher (v.r.) nicht nur mit einem Geschenk. Per Videocall konnte sich auch ihr Mann Sinan bei den beiden Rettern persönlich bedanken Foto: tw
LANDKREIS tw ∙ „Gefühlt dauerte es eine Ewigkeit, aber in Wirklichkeit ging es superschnell.“ Es ist ein Moment der Helena Yesil für immer in Erinnerung bleiben wird. Abends sackte ihr Mann beim Essen auf der Terrasse plötzlich zusammen. Als Krankenschwester wusste sie genau was zu tun ist. Startete sofort mit den Reanimationsmaßnahmen, während ihr 14-jähriger Sohn die Rettung rief. Und obwohl sie bedingt durch ihren Beruf genau wusste was zu tun ist, war sie froh als bereits nach vier Minuten die Ersthelfer der „Mobilen Retter“ da waren, denen sie nicht genug danken kann für ihre Hilfe.
„Man kann nicht ausreichend lange genug reanimieren“, erklärte sie am Dienstag bei einem Pressegespräch beim DRK-Kreisverband in Schiffdorf. „Man kann das nur zwei Minuten machen“, bestätigten auch die beiden Ersthelfer Jannis Blechschmidt und Robert Liebscher. „Es ist wichtig dass man sich abwechseln kann, sonst drückt man nicht mehr tief genug oder drückt zu langsam.“
„Deshalb bin ich froh, dass die Jungs gekommen sind. Jetzt ist alles gut“, sagte Helena Yesil. Es war ein Tag, an dem sie sich vor allem auch persönlich bei den Lebensrettern ihres Mannes bedanken wollte. Ihr Mann ist zwar noch im Krankenhaus und auch die Reha steht im noch bevor, „aber die Herzdruckmassage hat so viel gebracht, dass im Kopf nichts zurückgeblieben ist. Ohne euch wäre das nicht so gut ausgegangen.“
Denn bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Sekunde, da kann auch das schnelle Eintreffen des Rettungswagens – im beschriebenen Fall nach zwölf Minuten – schon zu spät sein. Die freiwilligen Ersthelfer können schon lebensrettende Maßnahmen einleiten, bis der Notarzt kommt. Denn in der Zeit, in der nicht reanimiert wird, wird das Gehirn nicht mit Sauerstoff versorgt, was die Chance zu überleben stark verringert.
Die „Mobilen Retter“ sind Ersthelfer, die über eine rettungsdienstliche oder medizinische Ausbildung verfügen, aus der Gesundheit- oder Krankenpflege kommen oder Mitglied einer Hilfsorganisation und mindestens 18 Jahre alt sind. Wie wichtig es ist ihren Einsatz auszubauen zeigen folgende Zahlen. Von rund 65.000 Menschen, die einen Herz-Kreislauf-Stillstand erleiden, überleben nur rund zehn Prozent der Betroffenen, weil Wiederbelebungsmaßnahmen zu spät vorgenommen werden.
Als Notfallsanitäter wissen Jannis Blechschmidt, der beim DRK Wesermünde arbeitet, und Robert Liebscher, der bei der Feuerwehr Bremerhaven tätig ist, wie wichtig es ist, dass bereits vor dem Eintreffen des Notarztwagens jemand vor Ort ist und schnell handelt. Für sie war es deshalb keine Frage bei den „Mobilen Rettern“ mitzumachen. „Gerade auf dem Land ist es wichtig dass Freiwillige helfen, da es länger dauern kann, bis die Hauptamtlichen da sind“.
Gleichzeitig warben sie dafür, einen Erste-Hilfe-Kurs zu machen beziehungsweise diesen regelmäßig zu wiederholen. Wichtig sei vor allem etwas zu tun. „Egal wie. Hauptsache sie tun was“, sagte Jannis Blechschmidt.
Zusammen mit der Region Bremerhaven und dem Landkreis Osterholz hat sich der Landkreis Cuxhaven im Juni letzten Jahres zu einem „Mobile-Retter“-Verbund zusammengeschlossen, um die Rettungskette zu stärken.
Wird wegen eines Herz-Kreislauf-Stillstands die 112 angerufen, lösen die Disponenten vor Ort gleichzeitig die „Mobile Retter“-App aus. Das Mobile Retter-System ermittelt automatisiert binnen von Sekunden den registrierten „Mobilen Retter“, der am schnellsten am Einsatzort sein kann. Dieser wird über die Standortdaten seines Smartphones lokalisiert und informiert. Kann er den Einsatz übernehmen, erhält er die Daten des Notfalls auf sein Smartphone und wird zum Einsatzort navigiert. Der gesamte Prozess wird über die Smartphone-App gesteuert und auch dokumentiert.
Ziel ist, das „Mobile Retter“-Netz so dicht wie möglich zu etablieren. Eine Richtschnur sind 0,2 Prozent der Einwohner, das sind für den Verbund rund 800 Ersthelfer. 460 sind bereits registriert. „Es geht darum anderen zu helfen“, sagte Landrat Thorsten Krüger,, der den Ersthelfern auch seinen Dank aussprach. „In seiner Freizeit zu helfen ist nicht mehr selbstverständlich.“
Wenn sich das Familienleben bei Helena Yanis wieder etwas beruhigt hat, will sie sich selbst als „Mobile Retterin“ registrieren lassen. „Und meine Freundinnen, denen ich davon erzählt habe, haben es bereits getan.“
Wer Interesse hat, „Mobiler Retter“ zu werden, kann sich per E-Mail an mobile.retter@landkreis-cuxhaven.de wenden oder über die Website www.mobile-retter.org anmelden. Hier finden Interessierte auch weitere Informationen, unter anderem zu Trainingsterminen.