Michael Schmidt (l.) und Alexander Wulf mit der Starrflügler-Drohne „S360MK.II“, deren Eignung für den Einsatz auf hoher See am ODCC getestet wird   Foto: tw

CUXHAVEN tw ∙ „Gehe nicht dorthin, wo der Puck ist, sondern dahin wo er sein wird.“ Das Zitat des Eishockeyspielers Wayne Gretzky sei ein passendes Motto für diesen Tag, fand Prof. Rolf Henke, Koordinator der Luftfahrt der Hansestadt Bremen, bei der Eröffnung des „Offshore Drone Campus Cuxhaven“, kurz ODCC am Dienstag an der Baumrönne 24. Ist mit dem neuen Forschungscampus doch auch ein Blick in die Zukunft verbunden.

Mit dem ODCC hat das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) nach einem Jahr Bauzeit eine Test- und Entwicklungsinfrastruktur für unbemannte Luftfahrtsysteme zum Off­shore-Einsatz geschaffen. In Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Partnern und der Industrie geht es dabei vor allem darum den sicheren und effiziente Einsatz von Drohnen bei Offshore-Arbeiten wie Wartung, Inspektion, Reparatur oder Vermessung sowie die Entwicklung neuer Antriebs- und Materialschutzkonzepte für den Einsatz der Fluggeräte unter Offshore-Bedingungen zu testen und weiterzuentwickeln, aber auch darum, sich auf regulatorischer Ebene einzubringen. Ziel der Forschung ist es, die Menschen mit Hilfe von Drohnen bei den unwegsamen und zum Teil auch gefährlichen Arbeiten zu entlasten aber auch die damit verbundene Bürokratie zu vereinfachen. „Denn wir können nicht monatelang auf Genehmigungen warten“, brachte es Thilo Vogt von der Droniq GmbH auf den Punkt. Durch das ODCC hofft er, dass es auch in diesem Bereich vorangeht.
Welche Möglichkeiten eine Drohne bietet, zeigten Michael Schmidt, Managing Director des Drohnenherstellers „Hanseatic Aviation Solution“ und Pilot Alexander Wulf von der „Droniq“, einem Joint Venture der Deutschen Flugsicherung und der Deutschen Telekom, mit der Starrflügler-Drohne „S360MK.II“.

27 Kilogramm schwer, mit einer Spannweite von 3,60 Meter, erinnert die Drohne auf den ersten Blick an ein großes Modelflugzeug. Da sie über der Nordsee unterwegs ist, ist sie zudem mit Auftriebskörpern und Fallschirm ausgestattet. Die Drohne startet und landet wie ein Flugzeug und wird bis zu 100 Kilometer schnell. Mit einer Flugzeit von mehr als sieben Stunden ist sie bestens für den Einsatz auf hoher See geeignet. Der Kontakt wird über die Bodenkontrollstation gehalten.

Seine Feuertaufe hat das unbemannte Luftfahrtsys­tem schon bestanden. Es ist nach der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal zum Einsatz gekommen und war auch schon in 1.500 Meter Höhe über Niedersachsen unterwegs, um Fotos zu machen, wie Schmidt erzählte. Mit dem Sprung über den Deich und dem anschließenden Flug nach Helgoland, erwartet sie jetzt jedoch etwas Neues, denn ein so langer Flug außerhalb der Sichtweite sei ein Novum. Und mache seinen Job so spannend, so Alexander Wulf. „Das ist nicht alltäglich, ist eine Herausforderung, macht Spaß und man ist auch als Pilot gefordert.“
Während die Starrflügler-Drohne noch einen Verbrennungsmotor hat, wurde auch ein Modell vorgestellt, das mit Wasserstoff betrieben wird. Ein weiterer Hingucker war eine Drohne, die sich in senkrechte Position bringen konnte; positiv, wenn es etwa darum geht an einer Windkraftanlage kleinere Schäden zu entdecken.
Innovationen, die auf dem Gelände des ODCC in Zusammenarbeit mit Forschern und Anwendern in realen Szenarien erprobt werden und so die neue Technologie schneller zur Nutzung bringen können.

„Das ist ein Meilenstein für die Drohnenforschung und die Offshore-Wind­energie“, waren sich die zahlreichen Gäste aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft einig, unter ihnen die Bundestagsabgeordneten Enak Ferlemann (CDU) und Daniel Schneider (SPD). „Und ein weiterer Meilenstein für Cuxhaven“, wie Bürgermeister Marc Gerdes, der den in Urlaub weilenden Oberbürgermeis­ter Uwe Santjer vertrat, in seinem Grußwort sagte. Der perfekte Ort für den Campus, denn „hier finden Sie Bedingungen, die sie suchen und brauchen“. Und er hob noch einen weiteren Punkt hervor: „Sie bringen Forschung und Wirtschaft zusammen.“ Was Jürgen von Ahnen, Leiter der Wirtschaftsförderung Cuxhaven, nur bestätigen kann. „Das bringt uns als Forschungsstandort voran.“

Dr. Hanno Schnars, Geschäftsfeldleiter Maritime Technologien am Fraunhofer IFAM hob hervor, dass der Name Campus deutliche mache, „dass wir offen sein wollen. Es ist ein Angebot im Bereich Maritime Drohnenentwicklung, in dem wir zusammen mit Ihnen tätig sein wollen. Kommen Sie gerne mit Ideen zu uns“, forderte er die anwesenden Gäste aus der Wirtschaft auf.
Auch Prof. Dr. Bernd May­er, Institutsleiter des Fraunhofer IFAM stellte in seinem Grußwort heraus, „dass wir die angewandte Forschung mit den Industriepartnern in eine praktische Anwendung bringen müssen“. Zudem dankte er der Stadt Cuxhaven für die Unterstützung und geht von einem Gewinn für beide Seite aus. Denn er kann sich vorstellen, dass sich hier in Zukunft kleinere mittelständische Unternehmen ansiedeln, um die Technologie in Anwendung zu bringen.

Für die unterschiedlichen Fragestellungen und Forschungsvorhaben stehen eine 170 Meter lange und zehn Meter breite Start- und Landebahn für Langstrecken- und Schwerlastdrohnen für Materialtransporte, eine Turmstruktur für Inspektionstests sowie Büro- und Werkstatträume zur Verfügung.
Der Standort des ODCC bietet mit seinen Flugflächen direkt am und über dem Wasser realitätsnahe Erprobungsszenarien für die bedarfsgerechte Auslegung des Gesamtsystems der Offshore-Drohnen. Die unmittelbare Nähe der Flugerprobungsflächen zur Elbmündung und die damit verbundenen direkten Flugkorridore in Richtung Deutsche Bucht und nach Helgoland ermöglichen umfangreiche Tests unterschiedlicher Anwendungsszenarien.

Auf Helgoland stehen mit dem Testzentrum für Maritime Technologien verschiedene Forschungsareale auf der Insel und im Hafen zur Verfügung und nur wenige Seemeilen vor der Nordseeinsel ermöglicht ein drei Quadratkilometer großes Testfeld, Entwicklungen unter Offshore-Bedingungen zu erproben. Zudem steht das Forschungsschiff „Joseph von Fraunhofer“ der Fraun­hofer-Gesellschaft durch den Liegeplatz in Cuxhaven für die Begleitung von Tests auf dem Wasser zur Verfügung.
Eine Mischung, die die Erprobungsmöglichkeiten unter Realbedingungen bundesweit einzigartig für die durchgängige Entwicklung und Qualifizierung von Offshore-Drohnen und die Standardisierung von Verfahrensweisen mache, wie es von Seiten der IFAM heißt.