Der Unterbezirksvorsitzende Oliver Lottke (r.) gratulierte dem gewählten Kandidaten Daniel Schneider Foto: tw
LANDKREIS tw ∙ „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt“. Passender als mit diesem Lied von „Geiersturzflug“ – am Freitagabend letzter Woche gesungen vom Duo „Ebbe & Flut“ – konnte man die Wahlkreiskonferenz zur Bundestagswahl am 28. September nächsten Jahres nicht einleiten.
Mit 96,5 Prozent Zustimmung wurde Daniel Schneider von den Delegierten in den Seelandhallen in Otterndorf zum Direktkandidaten gewählt. Bei der letzten Bundestagswahl noch Newcomer, der sofort das Direktmandat holte, ist er jetzt der Hoffnungsträger der SPD im Landkreis Cuxhaven, der mithelfen muss, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Denn nach den Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen sieht es für die SPD nicht so besonders rosig aus. Doch deshalb in Schwermut zu verfallen, kommt für die Sozialdemokraten nicht in Frage. Auch wenn sie noch ein bisschen Kampf vor sich hätten, wie der SPD-Unterbezirksvorsitzende Oliver Lottke zugab. Deshalb sei es auch nicht das schlechteste schon ein Jahr vorher mit dem Wahlkampf zu starten.
Er erinnerte an „den fulminanten Wahlkampf vor drei Jahren, bei dem du die Menschen mobilisiert und begeistert hast, auch die, die nicht in unserer Partei sind. Du hast der Partei gutgetan.“ Ein Effekt den er und seine Parteigenossen sich auch für die kommende Wahl erhoffen. „Diese Begeisterung brauchen wir wieder“, betonte er und wurde deutlich. „Wir müssen den Arsch hochkriegen, und den Menschen sagen, dass diese Zeiten ohne die SPD noch bescheidener wären.“
In seiner bisherigen Zeit in Berlin habe Daniel Schneider dafür gesorgt, dass die Landkreise Cuxhaven und Stade im Fokus bleiben. „Du kennst die Menschen vor Ort und vertrittst sie mit Herzblut. Wir brauchen Menschen wie dich in Berlin“, sagte der Ortsvorsitzende der Land Hadelner SPD, Sammy Al Bayati. Und er zeigte auf, worauf es jetzt ankomme. „Wir müssen die Menschen erreichen und Probleme angehen.“
Dafür brauche es starke Abgeordnete aus der Region, „die die Probleme und Sorgen der Menschen vor Ort im Parlament vertreten“, wie auch die Landtagsabgeordnete Corinna Lange aus Stade betonte.
Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens machte Mut mit ihrer Aussage: „Die Sozialdemokraten sind schon oft totgesagt worden, aber am Ende war es doch wieder anders.“ Doch davor liege ein harter Wahlkampf, gelte es doch, sich den Rechtsextremisten entgegenzustellen. Leider sei die SPD noch nie gut darin gewesen, Erfolge zu verkaufen, bei manchen Themen schaue sie aber auch nicht genau hin. „Den Umgang mit Zuwanderung, sozialer und innerer Sicherheit, Energiewende und Transformation der Wirtschaft dürfen wir nicht der AfD überlassen. Wir müssen Antworten geben. Auch bei Themen wie Kriminalität bei Flüchtlingen.“
„Wir werden uns wie vor drei Jahre zurückkämpfen und unsere Demokratie verteidigen“, versprach Daniel Schneider. Er zeigte in seiner Rede aber auch auf, dass die Ampel schwächer gesehen werde als sie sei. Sie habe eine hervorragende Bilanz, die aber nicht vernünftig dargestellt werde.
Er machte vor allem deutlich, dass sich die Koalition für den Hafenstandort stark gemacht habe. Und wies in diesem Zusammenhang auf den Parlamentskreis Meerespolitik hin, den er mit ins Leben gerufen hat.
Er gab aber auch zu, dass man stürmischen Zeiten mit Fake News, Hass und Hetze sowie Sozialen Netzwerken, die in der Hand von Systemgegnern seien, entgegensehe. „Wir sind inhaltlich voll auf Kurs, aber wir brauchen eine klare Sprache und müssen wieder die Herzen der Menschen erreichen.“
„Die extreme Rechte steht bereit“, warnte Maja Wallstein
Was es heißt, wenn die AfD die Oberhand gewinnt, machte die Bundestagsabgeordnete Maja Wallstein deutlich, die aus ihrem Wahlkreis Cottbus-Spree Neiße berichtete. Sie hatte sich bei der letzten Bundestagswahl mit 27 Prozent das Direktmandat gesichert, mit zwei Prozent Vorsprung zur AfD. „Die extreme Rechte steht bereit“, sagte sie. Und wisse auch ohne Mehrheit ein Klima der Angst zu verbreiten. Deren Abgeordneten im Parlament stellten Rechtsextremisten ein, die die Demokratie verächtlich machten und jede Form des Anstands vermissen ließen. „Ihre Worte sollen verletzen. Und wir haben erlebt, wie aus Worten Taten werden.“
Auch sie selbst und ihre Kinder seien schon bedroht worden, gab sie „Impressionen“ aus der Lausitz wieder. „Bei uns wird auf Wahlkreisbüros geschossen, Windschutzscheiben von Autos zertrümmert, Hassbotschaften an Privatwohnungen angebracht.“ Eine Dialogbereitschaft gebe es nicht. „Denn die extreme Rechte will, dass wir uns weiter voneinander entfernen. Und sie schleichen sich in unseren Alltag“, warnte sie. In ihrem Wahlkreis seien unter anderem Security, Eisdiele, Bäcker, viele Handwerksbetriebe, Feuerwehr und Jugendclub in den Händen von Rechtsextremen. Und es sei ein Trugschluss zu glauben, Informationen reichten aus, um die Menschen zu erreichen und aufzuklären. „Sie haben andere Informationskanäle. Und wir sehen die Glastür nicht und wundern uns, warum wir die Menschen nicht erreichen.“ Was auch das AfD-Paradox erkläre, dass gerade Menschen, die von der AfD in keiner Weise profitieren würden, diese dennoch wählen. Belehrung und Beschimpfung würden erst recht der AfD in die Hände spielen.
Sie versucht deshalb die Menschen kennenzulernen, eine Beziehung mit ihnen aufzubauen. „Ich wende mich nicht ab, lasse aber auch nicht Haltung vermissen“, sagt sie. Und findet so manchmal einen Weg, dass sich ihr die Menschen öffnen.
Haltung zeigen sei in diesen Zeiten wichtiger denn je, machte sie zum Abschluss deutlich. Denn: „Sie tanken bei uns Kraft und kommen dann zu euch.“
„Es geht um alles, wir müssen für die Demokratie kämpfen“, sagte Daniel Schneider auch Angesichts dieser Rede und zeigte sich dennoch zuversichtlich. „Wir schaffen es, immer den Rücken gerade zu halten. Ich bin bereit.“