Stadtverordnetenvorsteher Torsten von Haaren, Regierungschef Andreas Bovenschulte, Häfensenatorin Claudia Schilling und Oberbürgermeister Melf Grantz (v.l.) beim Empfang zum 75-jährigen Jubiläum der Bremerhavener Stadtverfassung  Foto: tw

BREMERHAVEN tw ∙ Ein Land, zwei Städte – damit nimmt das Land Bremen sowieso schon eine Sonderstellung im Reigen der 16 Bundesländer ein. Doch sie hat noch eine Besonderheit. Die Stadt Bremerhaven gilt als die freieste Stadt Deutschlands. Diesen Titel hat sie ihrer Stadtverfassung zu verdanken, wie auf einem Empfang im Historischen Museum Bremerhaven anlässlich des 75. Jahrestages des Inkrafttretens der Verfassung in Reden des Stadtverordnetenvorstehers Torsten von Haaren und des Präsidenten des Senats Bremen, Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte, deutlich wurde.

Denn die Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen von 1947 räumte beiden bremischen Gemeinden das Recht ein, ihre Verfassung selbst festzulegen, wie Bovenschulte betonte. Doch von dieser Verfassungsautonomie habe bisher nur die Stadt Bremerhaven Gebrauch gemacht. „Das war die Grundlage dafür, dass sich Bremerhaven im November 1947 eine eigene Verfassung gab, die am 1. Februar 1948 in Kraft getreten ist und Bremerhaven nicht nur zur freiesten Gemeinde Deutschlands macht. Als freieste Gemeinde ist sie auch in Europa fast einzigartig. und auch weltweit gibt es dafür nur wenige Vorbilder“, so Bovenschulte.

„Bremerhaven ist stolz auf diesen Status und vor allem was daraus folgt“, sagte von Haaren. Auf den Trümmern des nationalsozialistischen Regimes hätten die Seestädter damals die Chance ergriffen, ein stabiles Fundament zu schaffen, um das gemeinsame Wohl aller Bremerhavenerinnen und Bremerhavener wieder herzustellen, einen Neuanfang zu starten und das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen, ohne das Wohl des Landes außer Acht zu lassen.

Es ist eine Verfassung die es erlaube inhaltlich und organisatorisch in vielen Bereichen selbst zu entscheiden. Als Beispiel nannte von Haaren die eigene kommunale Polizei, die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen aber auch den kulturellen Bereich.
„Sie und wir haben etwas geschaffen und ein gesundes Selbstbewusstsein an der Unterweser gegenüber der einstigen Mutterstadt, die wir heute als Schwes­terstadt sehen“, sagte er in Richtung der rund 200 Gäs­te aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Kultur und weiteren gesellschaftlichen Bereichen.
75 Jahre Verfassung seien jedoch nicht spurlos vorbeigegangen, wie Bovenschulte aufzeigte. Die Stadtverfassung wurde vielfach geändert, musste auf neue Herausforderung und Bedürfnisse reagieren, unter anderem dem Wunsch nach mehr Bürgerbeteiligung.

Und zwischen Bremerhaven und dem Land Bremen habe es durchaus manchmal ein „Knirschen im Gebälk“ gegeben. Doch unterschiedliche Auffassungen hätten immer auf dem politischem und nicht dem Rechtswege gelöst werden können. Für Bovenschulte durchaus ein positives Zeichen. „Denn es ist Ausdruck des Ringens um die beste Lösung für unser Gemeinwesen und somit ein Zeichen einer lebendigen Demokratie.“ Eines sei in den 75 Jahren Bremerhavener Verfassung jedoch immer gleich geblieben. „Das Herzblut mit dem alle in Bremerhaven für die Seestadt einstehen, das hat sich nicht verändert.“

Bovenschulte hob zum Abschluss eine Regelung aus der Landesverfassung besonders hervor: „Mit Artikel 65 der Landesverfassung bekennt sich die Freie Hansestadt Bremen ausdrücklich zum Zusammenhalt der Gemeinden des Landes und zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Für mich ist dieser Verfassungsauftrag rechtliche Verpflichtung und persönliches Anliegen zugleich.“ Denn dem Land würde ohne die Bremerhavenerinnen und Bremerhavener etwas fehlen.