Freut sich auf ihren Einführungsgottesdienst: Pastorin Martina Wüstefeld Foto: Schoener
HEMMOOR re ∙ Als Martina Wüstefeld nach dem Aufstellungsgottesdienst Ende März die Christuskirche in Hemmoor-Warstade betritt, hat sie mit den Tränen zu kämpfen. „Es war wie nach Hause zu kommen“, erinnert sich die 61-Jährige. Auch heute ist dieses starke Gefühl geblieben. „Diese Kirche ist warmherzig, sie umschließt mich, gibt mir tiefe Geborgenheit.“
Und tatsächlich: Martina Wüstefeld ist seit dem 1. Juni wieder da, wo Landesbischof Dr. Hans Christian Brandy sie 2015 ordinierte und wo sie bis April 2019 segensreich gewirkt hat. Am Sonntag, 8. Juni, wird Martina Wüstefeld um 15 Uhr offiziell durch Superintendentin Kerstin Tiemann als Pastorin der Kirchengemeinde Hemmoor-Warstade eingeführt.
Dass der Weg die Pastorin seinerzeit von Warstade in die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Hittfeld in den Landkreis Harburg führte, hatte ausschließlich private Gründe. „Mit der Gemeinde hatte das überhaupt nichts zu tun“, betonte Martina Wüstefeld an diesem Nachmittag und sprach davon, dass ihre Familie sie seinerzeit näher bei sich in Neu-Wulmstorf gebraucht habe und die Pendelstrecken nach langen Arbeitstagen oftmals zu weit gewesen seien. An den Entfernungen hat sich nichts geändert, doch Martina Wüstefeld wird sich anders aufstellen. „Im neuen Gemeindebüro an der Bahnhofstraße habe ich ein Schlafsofa aufgestellt“, sagt sie, „wenn es mal länger dauert oder ich morgens früher am Start sein muss, werde ich dort schlafen“.
„Ich freue mich, wieder in der Christuskirchengemeinde zu sein“, erzählt die Pastorin, „denn mit Warstade und mir ist es wie mit der ersten Liebe – die vergisst man nie, die bleibt im Herzen eingeschrieben, auch wenn man sich räumlich mal trennt.“ Kirche bedeutet für die 61-Jährige, das, was sie schon immer bedeutet hat: „Heimat, Gemeinschaft und geistliche Familie – mit allem, was dazugehört“.
Kontroversen gehörten dazu, wenn es denn sein müsse. „Kirche ist für mich nicht die Insel der Seligen“, sagt Wüstefeld. „Wie in jeder Gemeinschaft, gibt es auch bei uns den ungeliebten ,Onkel Otto‘ oder die ungeliebte ,Tante Martha‘“. Im Dialog miteinander müsse man auch diese Menschen zu erreichen versuchen. „Kirche darf vielstimmig sein und bunt.“
Ob sie neue Wege beschreiten wird an ihrer alten Wirkungsstätte? Das kann Martina Wüstefeld noch nicht sagen. Sie will erst einmal loslegen. „Ich freue mich darauf, dass ich die Menschen mit meiner Arbeit in allen Lebensaltern und Lebenslagen begleiten darf.“ Selbst dann, wenn sie längst nicht immer eine Antwort auf alle Fragen parat habe. „Manchmal macht mich das Leben auch einfach nur sprachlos“, sagt sie. „Aber diese Sprachlosigkeit zu teilen, kann ja auch aufbauend sein.“ Es sei ihr ungemein wichtig, „den Menschen, die mir begegnen, zu zeigen, wie froh ich bin, mit Gott durch mein Leben zu gehen“. Es sei für sie existenziell, den Gemeindegliedern zu erzählen, „dass wir nicht allein sind, weil Gott uns immer zur Seite steht“.
Die Frage nach den „neuen Wegen“ lässt Martina Wüstefeld dennoch nicht los. „Ich glaube, so neu müssen die neuen Wege gar nicht sein“, sagt sie beim Rundgang durch die spärlich erleuchtete Kirche. „Wenn wir es ernstnehmen mit dem Christsein, dann wissen wir, wie wir handeln sollen: Gott lieben, unseren Nächsten lieben – und auch uns selbst.“ Dass es auch zur Aufgabe von Kirche gehört, auf Missstände hinzuweisen und denen eine Stimme zu geben, die niemand hört, ist für Martina Wüstefeld klar. „Jesus war auch politisch.“
Als Pastorin möchte sie hinschauen und erkennen, „wo ich mit Hilfe der Kirche meinen Mitmenschen helfen kann“. So sei es beim Mittagsmahl in Hittfeld gewesen. „Es gibt dort auch so viele ältere Menschen, die allein leben und sich nicht mehr gut ernähren können“, weiß die Kirchenfrau. „Sie bekommen bei uns ein frisch gekochtes Mittagessen, sitzen gemeinsam in einem Saal an schön gedeckten Tischen, reden, schließen Freundschaften und genießen das Essen.“ Am Ende geben sie als Obolus das, was sie geben können – was allen Beteiligten hilft. „So stelle ich mir Kirche vor“, sagt sie, „hingucken, wo was fehlt – dann Mitstreiterinnen und Mitstreiter ins Boot holen und gemeinsam loslegen“.
Dabei hofft die „neue“, alte Pastorin darauf, „dass die Menschen auch auf mich zukommen, um ihre Wünsche und Ideen zu äußern“. Martina Wüstefeld sucht den Mittelweg, der in die Zukunft führt: „Ausprobieren, auch wenn mal etwas nicht klappt, und Althergebrachtem trotzdem reichlich Raum geben.“