Richtig streiten will gelernt sein, da war sich das Podium in der VHS in Bremerhaven einig Foto: sh
BREMERHAVEN sh ∙ Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „75 Jahre Stadtverfassung Bremerhaven“ fand vor Gästen aus Politik, Wirtschaft und der Stadtgesellschaft eine Podiumsdiskussion über politische Streitkultur statt. Wobei, so zeigte sich schnell, mit der Vizepräsidentin der Bremischen Bürgerschaft Sülmez Colak von den Grünen, dem Mitglied der Bremischen Bürgerschaft Martin Günthner von der SPD, der Ersten Beisitzerin der Stadtverordnetenversammlung Irene von Twistern von der CDU, dem Bremer Politikwissenschaftler Lothar Probst und zwei Mitgliedern des Jugendparlaments das Podium ausgewogen besetzt war.
Zur Einstimmung gab es schon einmal einen Rückblick. Der erste Oberbürgermeister Bremerhavens, Hermann Gullasch, wurde demnach 1947 sehr überraschend gewählt. Vorausgegangen waren politische Streitereien, die, sehr zum Verdruss der SPD, der stärksten Partei zur damaligen Zeit, durch ein Kurzzeit-Bündnis von CDU, KPD, DP und FDP einen unerwarteten OB im Rathaus bescherte. Der eigentlich für zwölf Jahre gewählte Gullasch konnte sich dann immerhin neun Jahre halten. Anschließend wurde die Frage diskutiert, ob solcherlei Abstimmungen heute noch möglich wären. Was den auf der Bühne vertretenen Politikern den Raum bot, über eigene politische Erfahrungen zu berichten.
So monierte Sülmez Colak die geringe Wertschätzung, die allen „Neulingen“ auf dem parteipolitischen Parkett in allen Parlamenten entgegengebracht wurde und wird. Dazu käme eine Hinterzimmerentscheidungs-Politik, die politische Streitereien wenig transparent erscheinen lasse. Was wiederum Martin Günthner und Irene von Twistern auf den Plan brachte, die von notwendiger, Zeit sparender politischer Struktur sprachen. Überhaupt sei Streit, da waren sich alle einig, ein wichtiges notwendiges Werkzeug bei der Stärkung der Demokratie.
Dem widersprachen weder als Wissenschaftler Lothar Probst noch die beiden Vertreter des Bremerhavener Jugendparlamentes. Streiten sei notwendig, nur auf das Wie käme es an. Und da forderten die beiden Jugend-Parlamentarier, dass eine Streitkultur in der richtigen Art und Weise gerade bei der Vielzahl der neuen Medien erforderlich sei. Transparentere Hinterzimmer und der richtige, angemessene Ton in der Öffentlichkeit sowie etwas mehr Wertschätzung machten auch kommunale politische Streitkultur gestern, heute und morgen zu einem wertvollen Beitrag in der Demokratie.