Vera Nickels (3.v.l.) begleitet den Sprachkurs für junge Ukrainer mit Sprachlehrerin Natalja Ohlrogge (2.v.l.), Olga Lindemann (5.v.l.) leitet das Sprachtraining an der Realschule Foto: Privat
CUXHAVEN re ∙ Eigentlich bräuchten sie Ausklapp-Tage: Vera Nickels und Dorota Mrusek vom Jugendmigrationsdienst (JMD) des Paritätischen sind seit Beginn des Ukrainekrieges gefragt wie nie zuvor. Neben anderen jungen Klienten suchen nun viele Familien mit Kindern sowie junge Erwachsene aus der Ukraine bis zum Alter von 27 Jahren Unterstützung und ihren Rat.
„Die Sprache ist ein Bindeglied“, unterstreicht Vera Nickels. Die gebürtige Russin ist in Kasachstan aufgewachsen und seit dem Jahr 2000 in Deutschland. Hatte sie anfangs noch Bedenken, dass ihr Geburtsland wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ein Hindernis sein könnte, freut sich die pädagogische Fachkraft mittlerweile über die Dankbarkeit, die ihr entgegenschlägt. Mit der russischen Sprache, die auch die meisten Ukrainer sprechen und verstehen, werden Barrieren überwunden. Ihre Kollegin, die gebürtige Polin, Diplom-Sozialpädagogin Dorota Mrusek, versteht wiederum vieles auf Ukrainisch und kann auf Polnisch je nach Herkunftsort oft ebenfalls helfen.
Um mehr als 50 geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine haben sich die beiden seit Kriegsbeginn schon gekümmert. Von der Vermittlung in Kita und Schule über die medizinische Versorgung, die soziale Integration und Freizeitgestaltung bis hin zur Organisation von Sprachkursen ist alles darunter. Hinzu kommen oft Anliegen der Eltern, die zwar nicht in den JMD-Zuständigkeitsbereich fallen, dann aber entweder weiter an andere Beratungsstellen vermittelt oder „nebenbei“ gelöst werden. Der enge Kontakt zum Landkreis, zum Jobcenter und zu anderen Behörden und Organisationen ist hilfreich, das Ausfüllen von Anträgen ein wichtiger Teil der Tätigkeit. Informationen zum Schulsystem (Vera Nickels: „In der Ukraine darf nach Abschluss der staatlichen Prüfung am Ende der 11. Klasse studiert oder ein Beruf erlernt werden“), Unterstützung beim Online-Unterricht etwa für Schulabschlüsse in der Ukraine, bei kostenlosen Handykarten wegen fehlenden W-Lans oder Nachhilfe – in den meisten Fällen können Vera Nickels und Dorota Mrusek helfen.
Die Geflüchteten sind zumeist Frauen und Kinder, deren Männer in der Ukraine bleiben mussten. Fluchterfahrungen, Zerstörung, Verletzungen, Tod und Ängste um Familienangehörige und vor Verlusten sorgen für traumatische Erlebnisse. Um mit diesen Eindrücken umgehen zu können, hilft den JMD-Mitarbeiterinnen neben professioneller Abgrenzung Supervision. Und: „Ich versuche, bei kilometerlangen Wattwanderungen abzuschalten“, lächelt Vera Nickels und Dorota Mrusek ergänzt, sie halte es eher mit Joggen.
Das Büro des Jugendmigrationsdienstes ist in der Südersteinstraße 4 in Cuxhaven unter (04721) 6651-50 oder -53 und per E-Mail unter cuxhaven.jmd@paritaetischer.de erreichbar.
Regelmäßige Sprechstunden in Kooperation mit der Caritas bietet der JMD dienstags von 10.30 bis 12 Uhr in der Notunterkunft in Sahlenburg an.
Ein Sprachkurs für 20 elf- bis 18-Jährige Ukrainer findet auf JMD-Initiative dienstags und freitags von 16 bis 18.30 Uhr unter der Leitung von Natalja Ohlrogge im Haus der Jugend statt. Parallel dazu berät Vera Nickels die ukrainischen Mütter in Fragen rund um ihre Kinder und der Kinderschutzbund betreut dazugehörige Kleinkinder.
An der Realschule Cuxhaven nehmen rund 20 Schüler aus der Ukraine zweimal wöchentlich an Sprachtrainings mit Olga Lindemann teil, die von Dorota Mrusek ebenso wie zwei Sprachkurse an den BBS mit 19 Teilnehmern beratend begleitet werden.