Harald Zeeck (l.) und sein Onkel Rolf Schumacher sind Räucherfachmänner mit Kapitänspatent     Foto: jt

BALJE jt ∙ Aus dem Nebel steigt ein kühler Tag. Auf der Wetterfahne sitzt ein Kormoran und spreizt seine Schwungfedern in die Morgensonne. Ein verlockender Duft von frisch Geräuchertem liegt über der kleinen Räucherei von Schumacher’s Fischdelikatessen an der Itzwördener Straße 9 in Balje-Hörne, die jetzt einen neuen Besitzer bekommt, aber in Familienhand bleibt.

„Das ist ein besonders schönes Exemplar. Haben wir gerade geräuchert. Der war fast zwei Kilo lebend, ein ganz schöner Oschi!“

Bei Rolf Schumacher wird noch über offenem Holzfeuer geräuchert: Aal, Heilbutt, Rotbarsch, Forellen, Stremellachs, Räucherlachsseiten und Makrele können hier in Ruhe ihren jeweiligen Eigengeschmack entfalten. Diese traditionelle Räucherweise ist langwierig und arbeitsaufwändig: Der Fisch gart auf Buchenholz, das für die goldgelbe Färbung sorgt. Entscheidend sind Erfahrung und Geschick des Räuchermeisters. Sie verwandeln den Fang zum Hochgenuss. Drei bis vier Stunden dauert die Heißräucherung, bis zu 24 Stunden braucht das Kalträuchern.

„Räuchern lernt man als Fischwirt auch, aber das Räuchern hier ist schon sehr speziell. Diese Feinheiten wird mir mein Onkel beibringen“, sagt Harald Zeeck. „Die Feinheiten liegen im Salzen, im Beizen, im Räuchern, was für Räucherholz man nimmt, welche Temperatur die Richtige ist“, zählt Rolf Schumacher auf. Das könne man nicht mit Hobbyräuchern vergleichen. „Jeder Räuchergang ist witterungsabhängig. Bei hoher Luftfeuchtigkeit muss ich die Garzeit verlängern als bei klarer, trockener Luft. Wenn der Fisch zu feucht ist, kriege ich ja keine Farbe drauf. Beim Kalträuchern der Lachsseiten darf die Temperatur je nach Größe des Räuchergutes während 20 bis 24 Stunden 28 Grad nicht überschreiten”.

„Ein bisschen habe ich mich mit den beiden Räucheröfen schon angefreundet“, sagt Harald Zeeck. „Im Moment ist es noch etwas schüchternes Beobachten“, kommentiert der Onkel augenzwinkernd. Den Aal aus der Reuse zu ziehen sei das eine, der Räucherofen aber müsse zum verlängerten Arm werden. „Man muss eins sein. Mit dem Räucherofen. Mit dem Fisch. Und mit sich selber auch.“

Harald Zeeck ist Fischwirt mit Kapitänspatent wie sein Onkel Rolf. Die Gegebenheiten an der Oste kennt der 40-jährige wie seine Westentasche. Schließlich ist der Geversdorfer am Fluss großgeworden, wo er auch Schwimmen gelernt hat. Sein Onkel Rolf dagegen hat in der Kuhle im Außendeich zwischen Altenwisch und Elfers, dem letzten Hof, seine ersten Schwimmbewegungen ausgeführt. Nun übergibt er seinen Betrieb an seinen Neffen. Die offizielle Übergabe ist am 15. Januar 2022 gewesen. „Ein fliegender Wechsel“, lacht Rolf Schumacher. Die Kundschaft wisse das schon. Das Altvertraute bleibt. Die Öffnungszeiten auch. „Ich werde hier auch im Laden stehen“, sagt Harald Zeeck, ganz nach dem Motto: „Never change a running system.“

14 Jahre war Rolf Schumacher im Fischereibetrieb seines Schwagers Walter Zeeck beschäftigt. „Während dieser Zeit ist Harald als Sohn meiner Schwester geboren worden“, erzählt Rolf Schumacher, der damals als Kapitän den Holzkutter „Ostereff“ gefahren hat, Familie, Frau und Kind unter einen Hut bringen musste. „Deswegen will mein Neffe auch zuhause bleiben. Vier bis acht Wochen ist man beim Aalfischen weg, drei vier Tage, wenn der Stint zieht“, plaudert er aus der Fischkiste. Keine Dusche an Bord und weg von der Familie, das sei schon eine harte Sache.

Harald Zeeck ist Heimat verbunden. Mit seiner Frau und seiner Tochter wohnt er in Geversdorf. „Den neuen Decksmann meines Bruders habe ich noch eingearbeitet. Die sind jetzt gerade auf Stint“, sagt er. „Stint ist bis Mitte März; Osteaale gibt es erst ab April wieder.“ Bis dahin hält der „schlängelnde Meter“ seinen Winterschlaf; tief eingebuddelt im Schlamm, Stoffwechsel und Körpertemperatur auf Sparflamme. Nur der Kormoran zieht ihn auf seinen Tauchgängen heraus, wie die Amsel den Regenwurm. Erst wenn das Wasser die 10-Grad-Marke erreicht, kommt Leben in die Aal-Sippe.

Bald wird Harald Zeeck mit dem kleinen Boot die Oste runterschippern und die alten „Jagdreviere“ seines Onkels ansteuern. Damit der Geschmack bleibt – Oste-Aal eben. „Auf unserem Kutter haben wir auch ein kleines Boot dabeigehabt und Reusen gezogen“, erzählt er. Hier draußen ist man Aug in Aug mit dem Aal, der nichts anderes im Sinn hat, als zu entwischen. „Man muss den speziellen Aalgriff können, wenn man mit lebenden Aalen zu tun hat, sagt der gelernte Bootsbauer Rolf Schumacher, der schon als kleiner Junge mit seinem Vater die Reusen ausgelegt hat. „Fischen ist immer noch die Bedienung des Jagdtriebes, lacht er. „So schnell kann ich das nicht aufgeben. 30 Jahre sind so schnell um. Am 17. Oktober 1991 bin ich mit der Räucherei angefangen.

Meistens fährt man bei Niedrigwasser los. Als Fischer weiß man, welche Tage gehen. Nur soviel: Ostwind ist kein Fischwind; aus Südwest, West muss es wehen.“ Aale sind Bewegungsmuffel und schlafen mit offenen Augen. Herrscht keine Strömung, bleiben sie einfach liegen. Erst Gewitternächte mit Starkregen und Wind setzen sie in Bewegung Richtung Reusen, die im Strom aufgestellt sind. „Die müssen Mistwetter haben. Dann geiht dat los“, kommentiert Harald Zeeck. Nur bei Vollmond – davor und danach – fängst du so gut wie nix, weil der Aal die Reuse sehen kann – er ist nicht nur schlau, er hat auch gute Augen, weil er nachts jagt. Eine Meerjungfrau ist den beiden Fischern noch nicht ins Netz gegangen. Bisher jedenfalls noch nicht. Ein bisschen Seefahrerromantik muss sein.