Auf den historischen Spuren königlicher Postreiter folgt man dem abwechslungsreichen Radweg durch das Cuxland Richtung Süden Foto: jt
LANDKREIS jt ∙ Auf historischen Spuren den „Alten Postweg“ neu zu entdecken, ist ein Erlebnis, bei dem jeder auf seine Kosten kommt. Am Ritzebütteler Schloss geht es los. Der EWK hat die Höhepunkte der 88 Kilometer langen Tour für seine Leser zusammengestellt. Ab auf den Sattel!
Wo früher Postkutschen entlang polterten, erschließt sich dem Radler eine vielfältige Landschaft – auf gut befahrenen Strecken. Das war nicht immer so. Die Straßen waren schlecht oder gar nicht gepflastert. An unwägbaren Stellen lag nicht selten „räuberisches Gesindel“ im Hinterhalt. Auf freiem Feld war man den Naturgewalten hilflos ausgeliefert. Von einem heftigen Unwetter wird berichtet, „das einen Postwagen samt Pferd und Menschen durch den Wind aufgehoben und zehn Fuß weit in ein ‚Cartoffeln Feld‘ geworfen hat.“
Aber auch menschliches Versagen, bei dem die Trunkenheit auf dem Bock eine ähnliche Rolle spielte wie heute die Trunkenheit am Steuer, machten die Fahrt mitunter zu einem Abenteuer. Viele Unfälle waren aber auch Folgen der hin gedeichselten Wagenkonstruktionen und des schlechten Straßenzustandes: Räder sprangen ab, Achsen und Deichseln brachen, die Wagen stürzten um oder versanken im Morast.
Heute ist der Postweg befes-tigt und vom Wege kommt nur ab, wer will. Durchs Geestrandmoor hinter Altenwalde geht es – früher befanden sich hier Sümpfe und Sumpfwälder. Das Wort „Geest“ ist vom niederdeutschen Wort „güst“ (unfruchtbar) abgeleitet – im Gegensatz zum fruchtbaren Schwemmland der Marsch. In Franzenburg führt der Postweg an der „Alten Schanze“ vorbei. Das Befes- tigungswerk, auf dem heute Kühe grasen, wurde 1590 errichtet, um die Grenze zwischen Hadeln Land und dem Erzbistum Bremen zu schützen. Ein Schild weist zum „Gudendorfer Grab“; urzeitliches Überbleibsel aus steinernen Zeiten. Über Midlum geht es bis Sievern.
Zahlreiche prähistorische Gräber und Weihestätten wurden am Rande der „Hohen Lieth“, einem eiszeitlichen Geesthöhenzug, errichtet. Wie das „Bülzenbett“ in Sievern – heiliger Ort des Druidenkults.
So viele Fischteiche wie an der Scharnstedter Geest sieht man selten. Sie sind Überbleibsel eines riesigen Feuchtgebietes. 1880 entstand hier eine groß dimensionierte Forellenzuchtanstalt. Ein Deich mitten auf freiem Feld? Wohl wahr: Der „Midlumer Heiddeich“ wurde im 14. Jahrhundert von Bauern auf dem Höhenzug aufgeschüttet, um ihre tiefer gelegenen Höfe vor Wassereinbrüchen zu schützen.
Bis zur ersten Eindeichung der Marsch um 1000 n.Chr. führten noch eine Vielzahl von Prielen an die 30 Meter hohe Geest heran, wie an der „Schiffshöhe“ in Kransburg. Handelsplätze entstanden. Da ist sie schon: die Heidenschanze. Sie lag am Schnittpunkt einer alten Handelsstraße und des Sieverner Baches, der früher mal ein Priel war. Über ihn transportierten Schiffe ihre Waren ins Land hinein. Die Pipinsburg ist eine Burg- anlage aus dem Mittelalter. Der Begriff „Pipin“ ist von Pipe (Pfeife/Form einer Landzunge) abgeleitet; die norddeutsche Tiefebene war früher eine Inselwelt. Im letzten Teil geht es von Sievern zum Endpunkt unserer Reise, dem Fluss Drepte.
Vom Bullmersberg in Langen, einem Bollwerk gegen die Wikinger, führt der alte Postweg durch Bremerhaven. Ziel ist die alte Luneschleuse. Bis nach Stotel rauchten um 1878 die Schlote von 21 Ziegeleien. Geblieben sind nur die Straßennamen. Verschifft wurden die Ziegel über die Lune. In Lanhausen passieren wir eine alte Schmiede und einen Briefkasten, von dem man glauben könnte, dass er niemals geleert wird – aber er wird. Und auch das erfährt man: Napoleon nutzte die Stoteler Straße als Heer- und Postweg. Torfschiffer mussten seinerzeit auf der Lune Zoll bezahlen, um weiter schippern zu können. Im Naturschutzgebiet der Hahnenknooper Moore tummeln sich bedrohte Tierarten wie die Sumpfohreule. Zwischendurch heißt es, kräftig in die Pedale treten. Nicht jeder Hofhund versteht Spaß. Der Fluss Drepte, unsere letzte Station, entspringt im Landkreis Osterholz, durchfließt auf 34 km auch den Landkreis Cuxhaven. In alten Zeiten drehten sich hier jede Menge Mühlen entlang des Wasserlaufes. Geblieben ist die Romantik vergangener Tage. Wer sie sucht, findet sie auf dem alten Postweg.
Bereits Karl der Große benutzte den Alten Postweg
Den Namen „Alter Postweg“ bekam der Weg aus seiner Bedeutung für den Postverkehr im 18. Jahrhundert. Die Kurfürsten in Hannover waren damals auch Könige von England und hatten ihren Wohnsitz in London. Durch Reiter und Postkutschen wurde die Dienstpost von Hannover nach Cuxhaven gebracht und von hier nach England verschifft. Den Weg aber gibt es seit Urzeiten. So finden sich entlang des Postweges eine ganze Reihe prähistorischer Grabstätten und Befestigungsanlagen. Bereits Karl der Große nutzte den Weg als Heerweg, um bis nach Altenwalde vordringen zu können. Immer schon aber diente der am Rande eines Geesthöhenzuges gelegene Weg als sicherere Handelsroute. Zu damaliger Zeit lag der Meeresspiegel noch höher als heute und bei Sturmfluten wurden weite Bereiche des heute durch Deiche geschützten Festlandes überflutet. Um 1000 n. Chr. reichten die Priele noch weit ins Land bis zur Geest hinein. Eine gute Möglichkeit, Waren in unsere Region zu transportieren und an geschützten Stellen zum Handel anzubieten. An diesen Stellen kreuzte auch der „Alte Postweg“ die Rinnen durch Furten und ermöglichte so ein weit verzweigtes Handelsnetz.