Die „Omas gegen Rechts“ waren in großer Anzahl mit dabei   Foto: tw

CUXHAVEN tw ∙ „Es ist die wichtigste Veranstaltung, die wir jemals hatten“, begrüßte am Samstagnachmittag Oberbürgermeister Uwe Santjer die Teilnehmer der Kundgebung des Cuxhavener Bündnisses für Respekt und Menschenwürde auf dem Kaemmererplatz. Zuvor hatten mehrere hundert Menschen unter dem Motto „Hand in Hand“ eine Menschenkette rund um den Schleusenpriel gebildet, um für Demokratie, Respekt und Menschenwürde einzustehen. „Denn wir sind für und nicht gegen“, sagte Santjer in einer Rede, der man anmerkte wie emotional angefasst er war.

„Wir haben hier ein gutes Miteinander, dass lassen wird uns nicht kaputtmachen“, sagte er und verwies auf die vielen Menschen mit Migrationshintergrund die in der Pflege, im Krankenhaus, im Kindergarten, in der Stadtverwaltung arbeiten. Und fragte: „Was, wenn die sagen, wir machen jetzt Feierabend“, und entwarf so ein deutliches Bild davon, wie wichtig sie für die gesamte Gesellschaft sind. Deshalb gelte es, ein klares Signal zu setzen: „Ihr seid willkommen.“
Das kann Anna-Christina Ribau von der IHK Cuxhaven nur unterstreichen. Sie wies darauf hin, wie wichtig eine bunte Gesellschaft ist. „Vielfalt ist kein Luxus, sondern notwendig für unseren wirtschaftlichen Erfolg“, betonte sie, und sei der Schlüssel gegen den großen Fachkräftemangel. „Ohne Hilfe ausländischer Mitarbeiter gerät unsere Wirtschaft unter Druck.“ Und um Talente zu gewinnen, brauche es auch Perspektiven.

Wie es sich anfühlt, als junger Mensch mit Migrationshintergrund in Cuxhaven zu leben zeigte die 15-jährige Tochter von Dr. Mohamed Al-Mwalad, Chefarzt Urologie und Kinderurologie an der Helios-Klinik, auf. Geboren und aufgewachsen in Cuxhaven habe sie hier ihre schönsten Momente erlebt. „Die Stadt ist mein Zuhause, in der ich mich sicher und willkommen fühle.“ Aus eigener Erfahrung weiß sie aber auch, wie wichtig der Respekt gegenüber dem anderen sei, einander zu zuhören und fair zu bleiben. „Die Demokratie ist eine Pflanze, die man pflegen muss. Wenn Hass und Ausgrenzung Raum bekommen, verdörrt sie“, betonte sie. Und auch ihr Vater wünscht sich für die jungen Menschen eine Zukunft ohne Angst, eine Welt, in der die Demokratie im Herzen lebt und nicht auf dem Papier steht.

Dass jeder durch positives Handeln Gutes für die Gemeinschaft tun kann, zeigte die ehemalige Fußballnationalspielerin und Olympiasiegerin Tabea Kemme auf. „Lassen sie uns nicht passiv warten, sondern aktiv gestalten. Wenn wir loslaufen, lassen wir die Angst hinter uns“, weiß sie aus ihrer Sportlerkarriere.
Den Stellenwert der Bildung im Kampf gegen Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit hob Lehrerin Katja Tenzer hervor, die auch befand: „Mit Herzlichkeit, Empathie, Rücksicht, Toleranz und Freundlichkeit ergeben Rassismus und Diskriminierung keinen Sinn.“Ihre Sorgen auch bezüglich der umstrittenen Abstimmung zur Migrationspolitik, machten Mitglieder des Jugendbeirats deutlich. „Wir erleben, wie die Brandmauer gegen Rechts bröckelt. Wir dürfen nicht zulassen, dass demokratiefeindliche Kräfte uns spalten.“ Auch die „Omas gegen Rechts“ warnten vor einer Rolle rückwärts. „Wir dürfen niemals zulassen, dass eine ganze Gruppe ausgegrenzt oder vorverurteilt wird.“
Vor einer rechten Rhetorik, die auch eine Sogwirkung auf die politische Mitte habe, warnte Dr. Jörg Matzen, Leiter des Ev. Bildungszentrums Bad Bederkesa: „Spielt nicht mit dem Feuer.“

„Hass und Hetze sind keine Meinung und sind inakzeptabel“, betonte Landrat Thorsten Krüger. „Nie wieder ist jetzt“ dürfe dabei keine Phrase bleiben, „sondern muss eine Haltung sein“. Und er machte deutlich wie wichtig Dialog und Diskussion sind, „auch wenn man unterschiedlicher Meinung ist“. Das schließt für ihn auch die Fähigkeit zum Kompromiss mit ein. „Trotz und Dickköpfigkeit helfen nicht weiter.“ Zum Abschluss hatte Krüger, der an diesem Tag Geburtstag hatte, nur einen Wunsch: „Gehen Sie zur Wahl und machen Sie ihr Kreuz an einer demokratischen Stelle. Es ist noch nicht zu spät zu handeln. Die Zukunft bestimmen wir jetzt.“

Das „Bündnis Cuxhaven für Respekt und Menschenwürde“ ist ein Zusammenschluss von über 100 Vereinen, Institutionen, Firmen, Kommunen Parteien und Gewerkschaften im Landkreis Cuxhaven. Dazu kommen über 200 Einzelpersonen. Es hat sich 2016 gegründet, um insbesondere darauf hinzuweisen, dass das Cuxland weltoffen und bunt ist. Dafür wollen sie aktiv eintreten – für Demokratie und die Abwehr insbesondere der Gefahr des Rechtsradikalismus.