„Es wird keiner gehetzt, wenn er nach Kleingeld kramt“ – Iris Hahne ist in ihrem Dorfladen immer für ihre Kunden da   Foto: jt

CUXHAVEN jt ∙ „Ein Lebensmittelgeschäft mitten im Dorf – davon träumen viele kleinere Orte. Altenbruch hat’s geschafft“, schreibt Journalistin und Kunsthistorikerin Maria Ebert in ihrem Buch „Altenbruch – Nordseebad am Weltschifffahrtsweg“. Kicker, Käsebrötchen und Knab­berkram – es gibt hier kaum etwas, was es nicht gibt.

„Nachweislich ist hier immer ein Laden gewesen“, weiß der Altenbrucher Bäckermeister K. W. Tiedemann, Heimatforscher und Chronist des Ortes: In den Jahren 1850 bis 1852 wurde das Geschäftshaus Alter Weg 2 erbaut, hat er in seiner Dorfchronik festgehalten: „1852 erhielt der Handlungsgehilfe Oest die Konzession von der Bezirksverwaltung in Stade, dass er mit Tabak, allen gebrannten Wassern und Salz handeln dürfe. Sein Sohn Heinrich Oest erweiterte den Kramladen um einen Postkartenverlag.“

1919 wurde das Geschäft an Wilhelm Junge verkauft, der es bald in die Hände seines Bruders Friedrich legte. Nach 31 Jahren Geschäftstätigkeit wurde seine Tochter Lotti Kurzeja im Jahre 1957 seine Nachfolgerin. Sie führte den Betrieb bis zum 31. Dezember 1990. Ab März 1991 wurde vom Käufer Achim Bublitz ein Geschäft für Bücher, Schreibwaren, Foto, Lotto und Touristik betrieben.

Besitzer des Gebäudes ist seit 2004 die Familie Püschner. Vom 5. November 2005 bis zum Februar 2008 war im Geschäft die Familie Heinbokel mit Kinderbekleidung „Crazy Kidsland“ etabliert. Ab 6. Dezember 2008 fand der Dorfladen wieder zu seinen Wurzeln, dem Handel mit Lebensmitteln inklusive Klönschnack zurück.

Wenn das Wetter es zulässt, verlagert sich der Plausch vor die Tür, wo Iris Hahne Tische und Stühle aufgestellt hat. Viele ortsbekannte Gesichter geben sich hier ein Stelldichein. Auch Golden Retriever „Scotch“ gehört dazu – wie die Kirche zum Dorf. Besser als von hier kann man das Treiben in der Ortsmitte nicht im Blick behalten. „Ich bin auch eine Verteilerstelle für Kleingeld“, sagt Iris Hahne. Ihrem Leben hat sie immer wieder neuen Mut abgetrotzt. „Ich stehe morgens vor dem Spiegel und sage: Ich kenn dich nicht, aber ich wasch dich trotzdem“, sagt sie mit einem Lächeln.

Der Dorfladen bietet alles für die Grundversorgung. „Meine Kunden kommen aus Lüdingworth, Gudendorf, Altenwalde, Groden – und sogar aus Sahlenburg. Am Anfang waren es noch Ältere, jetzt sind auch schon Jüngere dabei. Am 14. April habe ich meinen Dorfladen sechseinhalb Jahre. Vorher habe ich oft an Tankstellen gearbeitet. Da ist der Gedanke geboren, mal einen kleinen Dorfladen zu betreiben.“ Durch ihren Ex-Mann kam der Kontakt zu den Hausbesitzern zustande.

„Ich habe erstmal alle Regale rausgerissen und neue Tresen reingestellt. Richtig ging es los, als ich meinen Brötchenverkauf erweitert habe.“ Vom Hotel gegenüber kommen Gäste, die früh zur Arbeit müssen, Kurgäste und Fahrradfahrer fragen nach dem Weg und gesellen sich gerne zu den Dorfbewohnern.

„Um 4 Uhr klingelt mein Wecker, ab 5 Uhr bin ich im Gange. Die Arbeit motiviert in jeder Weise“, sagt Hahne, die sich nach einer schweren Krankheit neu aufstellen musste.
„Ich habe nie aufgegeben. Ein bisschen sind wir wie eine große Familie.“ Mit ihrem Dorfladen, in der Woche ist er von 6 bis 18 Uhr geöffnet, hat sie eine kleine Insel im Ort geschaffen, die Menschen zusammenbringt.