So sieht es aus, wenn alles fertig ist. Marcus Hauffe (2.v.l.) und Michael Brümmer zeigten Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (l.) und Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (r.) die Baupläne des Ärztehauses      Foto: hgi

LANGEN hgi ∙ Um Menschen auf dem Lande ärztlich gut zu versorgen, ist es dem Ehepaar Brümmer gelungen, aus einer haus- ärztlichen Praxis ein regionales Ärztehaus mit sechs Fachärzten einzurichten. Auf Initiative von Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) wurde es am Samstag von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach besucht.

Die Hausarztpraxis Dr. Nina Brümmer wurde am 1. Januar 2017 gegründet. Nach zwei Jahren dachte das Ehepaar an eine Vergrößerung und konnte einen zweiten Arzt hinzuziehen. Inzwischen haben sie ein hinteres Gebäude dazu gekauft und zum 1. Januar 2023 sind sechs Fachärzte gemeinschaftlich darin untergebracht. Vertreten sind acht Fachrichtungen auf zwei Ebenen: Allgemein- und Palliativmedizin, Innere Medizin, Kardiologie, Urologie, Hämatologie, internistische Onkologie und Dermatologie.

„Es ist mit einem Konzept geglückt, dass sich die Mediziner um die Medizin kümmern und die Verwaltung ihnen abgenommen wird“, erklärte Dipl.-Personalwirt Michael Brümmer, der als Nichtärztlicher Praxisassis­tent (NäPA) und Versorgungsassistent (VERAH) sich darum kümmert. Es sei einfacher, Ärzte zu finden, wenn sie sich nicht um die Verwaltung kümmern müssen. „Bei ungefähr 2.500 Patienten im Quartal, wäre auch ich heillos damit überfordert“, sagte Nina Brümmer. Bei 100 Hausbesuchspatienten, bedingt auch durch die Pflegeheime in der Umgebung, die regelmäßig besucht werden müssen, könne sie die Verwaltung nebenbei nicht schaffen. Dann müsste sie weniger Patienten behandeln, gab sie zu bedenken. Man könne von 40 Prozent Arbeitsaufwand ausgehen. Die Anfragen vom Versorgungsamt könne sie nicht abgeben, die zu schreiben, koste schon sehr viel Zeit.

Der Bundesgesundheitsminister konnte diesen Zeitaufwand sehr gut nachvollziehen und es wundere ihn, dass diese Entbürokratisierung und Verlagerung der Büroarbeiten nicht mehr gemacht werde. Er betonte, dass diese Arbeiten nicht von der Politik verlangt werden. Das Misstrauen der Krankenkassen und Kassenvereinigungen beim Prüfen von Honoraren und ähnlichem sei enorm.

5.000 Hausärzte gibt es in Niedersachsen, 1.800 gehen in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand. Wo werden sie fehlen? Sicher nicht in der Großstadt, sondern auf dem Land, befürchtete Ministerin Behrens. Damit wolle sie sich aber nicht abfinden, sie hoffe, die Zahl der Studienplätze zu erhöhen.

„Wir müssen in Zukunft, den Ärzten in der Stadt ein bisschen mehr zumuten, weil die Ärzte auf dem Land durch die Entfernungen mehr Schwierigkeiten haben“, ist Daniela Behrens überzeugt. Wichtig sei es, die Landarztquoten zu steigern und mehr Menschen zu motivieren, sich dafür zu interessieren.

„Die Koalition ist mutiger. Wir überlegen uns tatsächlich, wie gehen wir ran an die Zahl der Studierenden? Wie ermöglichen wir mehr Versorgungszentren? Wie bringen wir Krankenhausleistungen in die Ambulanz zurück? Wir denken auch darüber nach, dass wir Geld zur Verfügung stellen, damit Kommunen die Möglichkeit haben, in kommunale Versorgungszentren zu investieren“, zählte Lauterbach auf. „Da wird noch eine Menge kommen“, verspricht er. Schließlich seien sie zu zweit unterwegs, um über die Probleme zu reden. Zwischen dem Land Bremen und Niedersachsen soll es einen Austausch geben, um Bürokratie-Hürden zu beseitigen.

Schwierig sind die Notdienste zu absolvieren. Standpunkte einzurichten, die Notdienste übernehmen, sei erstrebenswert, war ein Wunsch von Nina Brümmer. Denn wenn ein Notdienst am Sonntagmorgen um 8 Uhr beginnt, geht er bis montags 7 Uhr. „Um 8 Uhr muss ich aber schon wieder in der Praxis stehen. Das kann manchmal eine Zumutung sein. Wir leisten uns den Luxus, dass jemand, der Notdienst hatte, am Montagvormittag freimachen kann. Das können sich Ärzte, die allein in einer Praxis arbeiten, schon wegen des finanziellen Ausfalls nicht.“

Ein wichtiger Punkt wurde noch zum Schluss angesprochen: Dass Hausärzte, die gleichzeitig einen Facharzt innehaben, trotzdem ihre Patienten überweisen müssen, da die Krankenkasse die Behandlung sonst nicht abrechnet. Beispiel: Nina Brümmer hat im Krankenhaus als Orthopädin gearbeitet, muss aber als Hausärztin Patienten an Kollegen überweisen. „Es gibt kein Gesetz, dass Fachkunde nicht angewandt werden darf. Jeder macht, was er kann, es sei denn, Kenntnisse sind verloren gegangen“, sagte der Bundesgesundheitsminister. „Das sind wichtige Anregungen. Wir brauchen Bewegung!“

Da er noch weiter nach Köln musste, war die Zeit in dem Ärztehaus leider viel zu schnell vorbei. Doch zu einem kleinen Rundgang in der Praxis ließ er sich allzu gerne überreden. Die dortigen Ärzte konnten ihre Probleme aufzeigen, in der Hoffnung, dass sie auf offene Ohren trafen.