Rechtsanwalt Andreas Meyn steht Schuldnern mit Rat und Tat zur Seite, wenn sie einen Neunanfang ohne Schulden ins Auge fassen Foto: jt
CUXHAVEN jt ∙ Die Gerichtsvollzieher und Gläubiger lauern bereits vor der Tür. Die Mahnungen stapeln sich im Briefkasten. Manchmal kommt die Einsicht zu spät. Dann ist ein harter Schnitt notwendig. Und dann ist die Schuldnerberatung Cuxhaven e.V. gefragt. Eindringlich blickt Andreas Meyn mit seinen grün-braunen Augen, die von einer randlosen Brille umrandet sind, wenn er das sagt. „Die Schuldnerberatung Cuxhaven e.V. ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein und eine anerkannte Beratungsstelle“, sagt der Rechtsanwalt, der eine Zeitlang auch als Insolvenzverwalter tätig war.
Mit der Schuldnerberatung Cuxhaven e.V. gibt es in Cuxhaven nun neben der ADN-Schuldnerberatung und der Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie eine weitere Anlaufmöglichkeit für Menschen, denen ihre Außenstände sprichwörtlich über den Kopf wachsen.
Den Anstoß zur Gründung des Vereins gab, dass er in seinem Büro mehr und mehr Anfragen zur Schuldenberatung und zu Verbraucherinsolvenzverfahren bekommen habe, berichtet der Cuxhavener. Daraufhin habe er sich mit der Frage beschäftigt, wie man eine anerkannte Schuldnerberatungsstelle werden könne. Gesagt, getan habe er Kontakt mit dem dafür zuständigen Landesamt für Jugend, Soziales und Familie aufgenommen. „Dann haben wir den Verein als gemeinnützigen Schuldnerberatungsverein gegründet und ins Vereinsregister eintragen lassen, die Zulassung beantragt – und schließlich auch erhalten“, berichtet der Rechtsanwalt. „Ich denke, der Bedarf an Schuldnerberatung und einer Schuldnerberatungsstelle ist in Cuxhaven immer noch gegeben. Gerade, wenn es mit der Pandemie so weitergeht“, so seine Einschätzung. Er selbst fungiere als Außenstellenleiter. „Die Schuldnerberatung muss von einer qualifizierten Person durchgeführt werden.“ Als Rechtsanwalt sei er in der Lage dazu, betont er und führt aus, wie er sich das vorstellt: Zunächst gälte es, den Verein auf die entsprechenden Beine zu stellen. „Wir mussten Programme anschaffen, um die Anträge bearbeiten zu können, Flyer und Homepage müssen noch erstellt werden“, umreißt er die anstehenden Aktivitäten. Für die Leute ist die Beratung kostenfrei. Die entstehenden Kosten werden vom Land übernommen, über das sich der Verein und die Tätigkeit finanzieren.
Die ersten Anfragen ließen nicht lange auf sich warten. Teils kamen sie aus den Reihen der Mandantschaft, teils wurde Andreas Meyn direkt angesprochen. „Geschickt werden die Leute manchmal, wenn sie eine Betreuung bekommen oder vom Jobcenter, damit sie ihre Schulden auf die Reihe kriegen. Die meisten Leute kommen aus freien Stücken, viele aufgrund von Mundpropaganda, wenn sie merken, es geht nicht mehr.“ Dann sind Erfahrung und Fingerspitzengefühl des Rechtsanwaltes Andreas Meyn mehr gefragt denn je. In den meisten Fällen bleibt jedoch nur ein harter Schnitt. Bevor es so weit kommt, muss ein außergerichtlicher Schuldenbereinigungsversuch unternommen werden.
„Ich gucke mir die Schulden an. Gemeinsam analysieren wir die persönliche Situation und die finanziellen Probleme. Im Anschluss erörtern wir die Möglichkeiten eines Vergleichsverfahrens und prüfen die Vor- und Nachteile eines Insolvenzverfahrens. Zusammen definieren wir das wirtschaftlich und rechtlich beste Ziel. Bei den meisten ist es so, dass sie in die Insolvenz müssen“, sagt er. Vor Stellung eines Verbraucherinsolvenzantrages muss ein Schuldner nachweisen, dass er innerhalb der vorangegangenen sechs Monate eine Schuldenregulierung auf der Grundlage eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans mit Hilfe einer geeigneten Stelle (der Schuldnerberatung) mit seinen Gläubigern versucht hat und diese gescheitert ist.
„Normalerweise wäre meine Tätigkeit dann beendet. Wir füllen den Insolvenzantrag jedoch zusammen mit den Schuldnern aus und schicken ihn zum Gericht. Die Vergütung, die der Verein vom Land bekommt, ist eigentlich nur für die Durchführung des Schuldenbereinigungsversuchs. Normalerweise gehört die Antragstellung nicht dazu. Ich begleite die Leute dennoch bei ihren nächsten Schritten und sage ihnen immer: Wenn hinterher noch Fragen sind, können sie gerne noch Fragen stellen. Ich habe auch für mich ein Interesse daran: Wenn ich jemanden schon in ein Insolvenzverfahren schicke, möchte ich auch, dass er das bis zum Ende durchsteht. Und nicht die Restschuldbefreiung versagt wird, weil aus irgendeinem Grund irgendwelche Fragen nicht gestellt wurden.“
Mittlerweile ist das Insolvenzverfahren von früher sechs Jahre auf drei Jahre verkürzt worden. Die Bereitschaft, einen Schnitt zuzulassen, um sich von der Schuldenlast zu befreien, habe zugenommen, so Andreas Meyn. „Einige Leute sagen: Wenn das nur noch drei Jahre sind, mache ich das auch mit.“ Wenn sie danach so weitermachen, wie vorher, sei das natürlich ein bisschen zwiespältig, beklagt er. Bei manchen Leuten sei es leider schon Alltag geworden, dass sie Sachen bestellen und sie nicht bezahlen, wettert er. Da helfen auch gute Worte nicht. Doch viele der Hilfesuchenden habe er schon zur, wenn auch späten, Einsicht gebracht. Zudem sei ihm wichtig, seine Klienten noch ein Stück ihres Weges zu begleiten.
Hinter jedem Menschen, der die Schuldnerberatung Cuxhaven e.V., aufsucht, steht eine Lebensgeschichte, in der neben vielen anderen Facetten menschlichen Leids die Finanzen schicksalsprägend geworden sind. „Am Anfang habe ich mehr darüber nachgedacht. Mittlerweile ist es Routine. Auch als Anwalt habe ich ja auch mit Schicksalen zu tun“, sagt er, ganz Realist. „Irgendwann habe ich mir gesagt: Lass die Fälle im Büro und nehme sie nicht mit nach Hause.“ In einem können sich Andreas Meyns Klienten sicher sein: Dass sie bestmöglich durch das Insolvenzverfahren kommen und am Ende schuldenfrei und finanziell wieder sicher auf den Beinen stehen.