Das ließen sich Oberbürgermeister Uwe Santjer und Geschäftsführer Sören Pols nicht nehmen. Gemeinsam nahmen sie zur Freude der Tagesgäste an der Sitzgymnastik teil Foto: tw
CUXHAVEN tw ∙ „Rechtsrum geht die Kaffeemühle immer fröhlich rund. Linksrum geht die Kaffeemühle das hält uns in Schwung. Pack‘ die Sorgen in ein Bündel, wirf sie weit zurück! Heut‘ ist unser Kaffeestündchen, haben wir ein Glück!“
Rhythmisch bewegen sich die Arme und Körper zum Text. Es ist Mittwochvormittag in der „Weser Tagespflege“. Mit mehr oder weniger Schwung und einem Lächeln sind die Tagesgäste bei der Sitzgymnastik dabei, die von Olena Amorinejad vom Team der Tagespflege angeleitet wird. An diesem Vormittag haben die Senioren einen besonderen Gast in ihrer Mitte – Oberbürgermeister Uwe Santjer. Auf seiner Sommertour machte er am Mittwoch Halt bei der Tagespflege und ließ es sich nicht nehmen, zusammen mit Geschäftsführer Sören Pols an der Gymnastik teilzunehmen.
„Jetzt wird‘s schwer. Meine motorischen Fähigkeiten“, sagte er gleich zu Beginn lachend. Und war dann begeistert dabei, musste am Ende aber doch zugeben, „Leute, das ist ganz schön anstrengend hier. Wenn sie das jeden Tag machen …“ Was die Tagesgäste anders sahen. „Nein, das ist hier ein entspannter Tag.“
„Und die sind hier freundlich hoch drei“, sagte eine der Teilnehmerinnen. Am Anfang war sie skeptisch was den Besuch der Tagespflege angeht. Allein lebend, „bin ich doch noch fit genug“, dachte sie. Ihren Kindern zuliebe, die weiter weg in Schleswig-Holstein wohnen, entschied sie sich dann doch, die Weser Tagespflege zu besuchen. „Und ich habe es nicht bereut.“ Sie ist jeden Tag aufs Neue begeistert. Es ist vor allem der Kontakt mit anderen Menschen, sich mit ihnen zu unterhalten und gemeinsam etwas zu tun, das ihr gefällt und ihrem Leben neuen Schwung bringt. „Wir sind wie eine große Familie“, sagt sie. Ein Satz zu dem die anderen zustimmend nicken.
Für Sören Pols ist der Begriff Tagespflege deshalb auch der falsche. Suggeriere der Name doch, dass es um Pflege geht. „Doch es ist ein Tag Auszeit, ein Treffpunkt“, sagt er. Wer einfach einmal unverbindlich schauen will, was Tagespflege bedeutet, kann am 18. August bei einem „Tag der offenen Tagespflege“ von 12 bis 18 Uhr vorbeischauen und die Angebote und Räumlichkeiten kennenlernen. „Einrichtungen wie die ihre sind wichtig“, befand dann auch Santjer. Seien sie doch ein Treffpunkt, der gegen das Schwierigste im Alter helfe, „die Einsamkeit“. Für ihn steht auf seiner Agenda deshalb auch ein Punkt ganz oben – „gute Nachbarschaft, denn sonst vereinsamen wir Menschen“.
Bei einem Rundgang machte sich Santjer ein Bild von den weiteren Räumlichkeiten. Unter dem Dach des Weser Pflegedienstes finden sich 64 Wohnungen des Betreuten Wohnens, zudem werden 170 Menschen ambulant versorgt. Die Tagespflege bietet Platz für 25 Personen, aufgeteilt in zwei Gruppen. Insgesamt 50 Mitarbeiter sind in Cuxhaven tätig, „über die Hälfte ist schon länger als zehn Jahre hier“, so Pflegedienstleiterin Petra Brenner.
Als es hoch zur zweiten Gruppe geht, hört man schon von weitem die ersten Klänge von „Warum ist es am Rhein so schön“, gemeinsam von den Tagesgästen gesungen. Denn nach dem Schlagerraten stand ihnen der Sinn nach dem gemeinsamen Singen. „Da hängen auch immer Erinnerungen dran“, so einer der Gäste.
Santjer war aber nicht nur gekommen, um in den Alltag der Gäste und Mitarbeiter reinzuschnuppern, sondern auch um zu erfahren, wo es Probleme gibt, und wie die Zukunft des Alterns in der Stadt aussehen kann. Sören Pols machte vor allem auf einen wichtigen Punkt aufmerksam. „Pflege ist ein absolutes Luxusgut geworden“, sagte er. „Hier muss Berlin an Stellschrauben drehen.“ Zu schaffen machen den Pflegediensten dabei nicht nur die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Ein Punkt, der die Kosten steigen lasse, seien die höheren Löhne. Die Gehälter seien um 35 Prozent gestiegen, was Pols sehr positiv sieht. „In der Pflege kann man gutes Geld verdienen und ohne Studium die Karriereleiter hoch steigen“, warb er für den Pflegeberuf, in dem er selbst vor gut 20 Jahren als Zivildienstleistender gestartet ist. Er betonte aber auch, dass, wenn diese höheren Löhne aus Berlin gefordert werden, diese auch refinanziert werden müssten und nicht an den zu Pflegenden hängen bleiben dürften.
Für die Zukunft kann er sich Einrichtungen mit Pflegecampus-Charakter vorstellen, „die Alt und Jung zusammenbringen“, aber auch alternative Wohnformen, wo man sich gegenseitig unterstützt. Damit stieß er bei Santjer auf offene Ohren. „Wir wollen ja Mehrgenerationenstadt sein“, sagte er, dazu dürften Einrichtungen, egal ob Kindergarten oder Senioreneinrichtung nicht auf der grünen Wiese entstehen, sondern mitten im Zentrum. Eine Frage sei auch, „wie wir stadtplanerisch damit umgehen, dass die Menschen möglichst lange selbstständig leben können und Ambulante Pflege und Tagespflege zuarbeiten.
Pols schwebt auch vor, mit Mitbewerbern gemeinsame Synergien zu schaffen. „Wenn wir an einem Strang ziehen, können wir gut in die Zukunft gehen.“ Ein Ansatz, mit dem er beim Oberbürgermeister abermals auf Zustimmung stieß. Plant Santjer doch noch für dieses Jahr einen Zukunftstag unter dem Motto „Wie in Cuxhaven alt werden“.
Am Schluss ging Santjers Dank an alle Mitarbeitenden. „Das war heute wirklich hilfreich“ befand er und fügte hinzu: „Das bestärkt mich den Pfad eines inklusiven Cuxhavens weiterzugehen. Eines Cuxhavens, in dem jeder willkommen ist.“