Andreas Bentrup, Insa Lienemann, Eva Viehoff, Barbara Lorenz Höfer und Juliane Lenssen (v.l.)Foto: jt
BEDERKESA jt ∙ „Kultur ist das Öl im gesellschaftlichen Getriebe“, brachte es Andreas Bentrup vom Landesverband Theaterpädagogik Niedersachsen auf den Punkt. Vier Akteure aus Kunst und Kultur hatte die Landtagsabgeordnete der Grünen und kulturpolitische Sprecherin ihrer Fraktion Eva Viehoff in das Ev. Bildungszentrum Bad Bederkesa zu einer Podiumsdiskussion vor einem interessierten Publikum eingeladen. Hierbei wurde deutlich, welchen hohen Stellenwert Kunst und Kultur für die Menschen einnimmt.
Kunst und Kultur, auch in der Kulturpädagogik, laufen langsam wieder an. Doch die Pandemie hat ihre Spuren hinterlassen. Viele kulturelle Projekte lagen auf Eis und Gelder fehlten. Sie zu beantragen, war mühselig und selten von Erfolg gekrönt. Künstlerinnen und Künstler fühlten sich trotz großmündiger Versprechen von der Politik im Stich gelassen. Das zeigten auch die Berichte der Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer, die von ihren Erfahrungen aus der Zeit der Pandemie berichteten.
Demnach sieht die Lage für die meisten Künstler dramatisch aus. Als Beispiele wurden monatelange Vorbereitungen auf Ausstellungen, die dann nicht stattfinden konnten, ausgebliebene oder verspätete Zuschüsse sowie zusätzliche Hürden bei der Antragstellung von Geldern angeführt. Das führte bei vielen Kulturschaffenden zu Existenznöten. „Die bittere Erfahrung ist, dass wir viele Kolleginnen und Kollegen nicht mehr haben, da sie sich andere Jobs gesucht haben“, bedauerte Andreas Bentrup vom Landesverband Theaterpädagogik Niedersachsen. Gerade jetzt würden Theaterpädagogen dringend gebraucht.
Der plötzliche Lockdown habe eine Art Schockstarre ausgelöst, einige Mitarbeiterinnen mussten in Kurzarbeit gehen, berichtete Juliane Lenssen, Leitung „Das letzte Kleinod“. „Doch wir hatten einfach Glück, dass wir draußen spielen konnten.“ Viele Künstler hatten ihre Aktivitäten im Internet verstärkt, um zum Beispiel auf webbasierte Ausstellungen hinzuweisen. „Digital ist aber nicht dasselbe“, sagte Barbara Lorenz Höfer, Vorsitzende BBK Bund Bildender Künstlerinnen und Künstler für Niedersachsen.
„Kunst ist nicht nur schön, sondern kostet auch Geld.“
Bei allen Statements wurde deutlich: Kunst und Kultur sind lebensnotwendig. Das zeigten auch die Wünsche der Talk-Gäste, nach denen sie der Elbe Weser Kurier befragte. „Die gesamte Kunst kann nur überleben, wenn wir an einem Strang ziehen“, betonte Insa Lienemann (Geschäftsführung LKJ Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Niedersachsen). Kunst und Kultur sei für sie „nicht nur die Sahne darauf, sondern die Hefe im Teig – im Sinne von Antriebskraft, Miteinander und Zusammenhalten. Allein überleben wir nicht.“
Juliane Lenssen vom Letzten Kleinod wünscht sich, „dass alle Türen geöffnet werden: Kunst, Kultur und Theater muss für alle Menschen zugänglich, spannend und interessant sein; für Menschen aus allen Bereichen, allen Generationen und allen kulturellen Hintergründen.“ Zudem sei Kultur für viele zu teuer. Sie müsse für alle erschwinglich sein.
„Was wäre ein Leben ohne Kunst und Kultur?“ Diese Frage stellte Barbara Lorenz Höfer vom BBK in den Raum. „Kultur ist vor allem lebensnotwendig und lebensrelevant. Kunst ist wie ein Lebensmittel: Wie Brot, wie Luft. Kunst ist auch für die Schulen lebensnotwendig, um Kinder und Jugendliche an kulturelle Bildung heranzuführen.“
Für Andreas Bentrup vom Landesverband Theaterpädagogik Niedersachsen ging es vor allem um Wertschätzung. „Mein Wunsch ist, dass wir Kultur ernster nehmen. Kultur ist das Öl im gesellschaftlichen Getriebe.“
„Die Gespräche waren eine Bereicherung für mich“, bedankte sich Gastgeberin und Moderatorin Eva Viehhoff bei den Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmern. Die Landtagsabgeordnete der Grünen und kulturpolitische Sprecherin ihrer Fraktion führte mit leichter Hand durch die Talk-Runde und konnte im Zuge ihrer Regionaltour viele wertvolle Erfahrungen für ihre politische Arbeit mitnehmen. „Man ist erstaunt, wieviel Kultur es überhaupt im Landkreis gibt, wenn man sich bemüht, all diese kleinen Dia-manten zu finden“, fasste sie zum Abschluss ihrer kleinen Reise zusammen. Unter anderem besuchte sie das KulturBistro KuBi – Lebenshilfe Cuxhaven, einen Tanztrainer im ländlichen Raum, eine Grafikerin in Schiffdorf, den Musiker Jan-Hendrik Ehlers in Bad Bederkesa, das Theaterwerk Albstedt, die Burg zu Hagen und den Quartiersmeister der Alten Bürger in Bremerhaven.
„Bei allen Herausforderungen, die wir haben, ist es wichtig, eben auch Kultur weiter wertzuschätzen und auch zu finanzieren“, betonte sie. „Kultur ist innovativ. Kunst und Kultur gucken über den Tellerrand und haben keine Scheuklappen. Wenn ich die Welt verändern will, dann brauche ich genau diesen Blick. Ich brauche diese Kreativität.“