Der Autor Daniele Palu freut sich schon darauf, im Juli wieder als einer von fünf Stadtschreibern zu Gast in Otterndorf zu sein    Foto: tw

OTTERNDORF tw ∙ Auf der Suche nach einem Fotomotiv, war der passende Hintergrund schnell gefunden. „Die Seenotretter spielen im neuen ‚Marconi‘ auch eine Rolle“, sagte Daniele Palu beim Vorbeigehen an der „Hermann Marwede“, auch wenn die Seenotretter in „Marconi und der verschwundene Wattschützer“ – der am 15. April erscheint – von Büsum aus starten.
Am Dienstag kam der Otterndorfer Stadtschreiber von 2023 nach Cuxhaven, um im Gespräch mit dem EWK von seinem neuen Kriminalroman zu erzählen, aber auch um schon einmal seinen zweiten Aufenthalt im Juli als Otterndorfer Stadtschreiber ein bisschen vorzubereiten.

Für einen Monat residiert er dann noch einmal im inzwischen sanierten „Gartenhaus am Süderwall“ und reiht sich damit ein in die Reihe seiner Stadtschreiberkollegen Inés Burdow (2009), Alexander Häusser (2012), Marie-Alice Schultz (2019) und Dr. Verena Liebers (2005), die die Stadt Otterndorf aus Anlass ihres 625-jährigen Jubiläums noch einmal eingeladen hat.
Palu ist schon voller Vorfreude auf seinen erneuten Aufenthalt, „denn ich habe noch eine Rechnung mit Otterndorf offen“, sagt er schmunzelnd. So wird er diesmal ein paar Einladungen annehmen, für die er vor zwei Jahren keine Zeit hatte, will in die „Sole-Therme“ schwimmen gehen, die Otterndorfer Museen erkunden, die er noch nicht kennt, auch mal Abstecher in die Region machen. Und dabei trotzdem die Zeit finden, am dritten Marconi-Krimi zu schreiben, für den bereits im Herbst Abgabeschluss sei. „Ein volles Programm. Aber ich werde das hinkriegen“, ist er zuversichtlich.
Natürlich kann man bei einer Lesung auch seinen neuen Kriminalroman kennenlernen – und die eine oder andere Anekdote dazu.

Und er plant zudem, für einen Nachmittag einmal das Leben eines Buchhändlers näher kennenzulernen und in der Altstadtbuchhandlung die Kunden zu beraten. Ein Beruf, den er sich ebenfalls hätte vorstellen können. Ab Montag ist auf jeden Fall auch hier bei Susann Rennebeck sein zweiter „Marconi“ erhältlich.
Den Münchner Kriminalkommissar mit italienischen Wurzeln hatte es im ersten Fall „Marconi und der tote Krabbenfischer“ nach St. Peter Ording verschlagen, wo er ein Versprechen gegenüber seinem verstorbenen Bruder erfüllte, und sich um dessen Kinder kümmert; und es ihn diesmal heillos überfordert, seiner verknallten Nichte Klara gegenüberzustehen und sich dem Jugendamt gegenüber zu behaupten. Im Mittelpunkt steht jedoch das Verschwinden des Naturschützers Piet Lorenzen. Eine Tat, die mit der Ölbohrinsel „Mittelplatte A“ in Verbindung zu stehen scheint. Aber ist dem tatsächlich so?

Palu ist dabei auch diesmal seinem Credo treu geblieben: „Ich möchte unterhalten und dass die Leser am Ende schlauer sind, ohne es zu merken.“ Diesmal ist es die „Mittelplate A“ die in das Zentrum seines Interesses rückte. Denn auch wenn die „Mittelplate A“ entlang der Nordseeküs­te nicht ganz unbekannt ist, „bin ich mir sicher, dass ein Großteil der Menschen in Deutschland noch nie davon gehört hat, dass im UNESCO-Weltnaturerbe Öl gefördert wird.“ Ein Thema, dass ihn schon in seiner Zeit als Wissenschaftsjournalist interessiert hat.

Aber es sind auch die menschlichen Abgründe, die ihn faszinieren. Die Frage etwa, was mit einem passiert, wenn die Liebsten bedroht werden – „könnte ich dann auch zum Mörder werden?“ Auch Bösewichte seien nicht von Grund auf schlecht, hätten gute und nette Seiten. „Und auch Marconi ist nicht immer ein Sonnenschein und hat im übertragenen Sinn ‚Leichen im Keller‘.“
Die Idee zu seinen Figuren und Geschichten findet Palu im wahren Leben. „Meine Bücher basieren auf realen Geschichten“, sagt er. So real, dass seine Lektorin auch schon mal sagt, dass man das doch nicht schreiben könne, das würde doch keiner glauben.

Seine erste Idee für einen Krimi kam ihm bereits, als das Krimischreiben noch in weiter Ferne lag. Bei einer Redaktionskonferenz, als er über einen Kollegen dachte „für deine Karriere würdest du auch über Leichen gehen“ und gleichzeitig befand: „Wenn ich einmal einen Krimi schreibe, wird das mein erster Fall“. Und tatsächlich. In „Tod im Alten Land“ mit Commissario Berlotti ist er nachzulesen.
Ob er Berlotti vermisst? „Ja, total“, sagt Palu. Er habe ihn schon beim Schreiben seines ersten Kriminalromans „Tod im Alten Land“ lieben gelernt. „Es war immer wie ein Treffen mit guten Freunden“, sagt er über seine damalige Hauptfigur und deren Familie, die natürlich auch im zweiten Krimi „Mord zur Apfelblüte“ mit dabei waren. Beim Schreiben hatte er aber auch eines entdeckt. „Schreiben ist mein Zuhause geworden“, zitierte er seine Schriftstellerkollegin Caroline Wahl. Das ließ sich mit seinem Vollzeitjob als Wissenschaftsjournalist auf Dauer nicht vereinbaren. Auf der Suche nach einem bundesweiten Verlag kamen er und rororo zusammen. Und damit die Idee zu seinem neuen Protagonisten Marconi, der gleich zu einem Erfolg wurde. „Die Resonanz war riesig und überraschend“, sagt er strahlend. „Es ist schön, dass ich nicht der Einzige bin, der mein Personal mag.“

Mit seiner neuen Hauptfigur kam jedoch noch etwas weiteres in sein Leben. Er habe einen Spleen entwickelt, den er seiner Zeit als Stadtschreiber in Otterndorf zu verdanken habe. „Ich habe mich in Otterndorf so wohlgefühlt, da wollte ich etwas zurückgeben.“ Und hat in „Marconi und der tote Krabbenfischer“ eine Szene in Otterndorf spielen lassen. „Die Figuren aus Otterndorf spielen jetzt ebenfalls eine Rolle und erhaschen einen Blick auf Cuxhaven.“ Natürlich soll es auch im dritten Band eine Stippvisite in die Region geben.

Doch Berlotti ist nicht vergessen. Auch wenn er zurzeit nicht die Zeit dazu hat, „ich möchte wenigs­tens noch einen Berlotti schreiben“. Jetzt steht aber erst einmal sein dritter Marconi-Krimi im Vordergrund, und er freut sich schon darauf, wie vor zwei Jahren viele Seiten dazu im Juli in Otterndorf schreiben zu können.
Bevor es so weit ist, können sich Liebhaber seiner Krimis bereits am Sonntag, 27. April, auf eine Lesung freuen, die ihn um 19.30 Uhr auf Einladung des Kulturteams in den Gemeindesaal Bülkau führt. Und er freut sich schon darauf, nicht nur bei dieser Lesung, sondern auch in seiner zweiten Stadtschreiber-Zeit im Juli auf viele bekannt Gesichter zu treffen. Palu hofft, dass er dann auch die Einladung einer Sportschützin des Schützenvereins Steinau „Gut Ziel“ annehmen kann, für die er vor zwei Jahren keine Zeit fand. „Als Krimiautor kann ich nicht der Versuchung widerstehen, einmal eine echte Waffe in der Hand zu halten.“