So ein fahrerloser Bus wird die neue Linie 540 befahren Foto: Stadt Geestland
BEDERKESA sh ∙ „Bitte nicht mit dem Fahrer während der Fahrt sprechen“. Wer den ÖPNV nutzt, kennt das kleine Schild am Fahrerstand. In Zukunft wird dieses Schild überflüssig, denn wo kein Fahrer, da auch kein Gespräch. Geestland unternimmt mal wieder einen Schritt in die Zukunft. Ab nächstem Jahr, so ist es geplant, wird es auf einer Strecke autonom zugehen. Die neue Buslinie 540, die die Beerster zu den Gewerbegebieten bringen wird, soll ohne Fahrer die Fahrgäste sicher und schnell – sofern 30 km/h die neue innerstädtische Richtgeschwindigkeit wird – an ihr Ziel bringen.
Wie so oft im Leben, bedarf es bei einer Vision kräftig an Unterstützung. In diesem Fall nicht nur durch die Beerster, die sich der Zukunft gegenüber durch eine Nutzung der fahrerlosen Busse offen zeigen müssen, sondern auch die der diversen Behörden, Ämter und rechtlichen und gesetzlichen Vorgaben. Allerdings herrscht bei der Idee des autonomen Fahrens breites Wohlwollen beim Bund, Land und Kreis. Und in der Stadt, mit den in den letzten Jahren gefühlt meisten Auszeichnungen in Sachen umweltgerechten Lebens, sowieso.
Vorerst konventionell
Umweltschonend gedacht, soll bundesweit der Individual-Verkehr zurückgehen. Besonders die Städte sehen darin die Möglichkeit CO2 zu sparen und die Feinstaubbelastung zu senken. Das funktioniert nur, wenn den Bürgern Alternativen zum eigenen Pkw geboten werden.
Die Verantwortlichen der Stadt Geestland freuen sich daher über eine neue Buslinie für die Ortschaft Bad Bederkesa. Zum 1. August bringt die Verkehrsgemeinschaft der Unternehmen Buspunkt, Giese, Stoss und von Rahden gemeinsam mit der Mobilitätszentrale Elbe-Weser den sogenannten CityBus auf die Straße.
Die neue Linie 540 verbindet die Beerster Ortsmitte mit dem Gewerbegebiet – eben jene Strecke, auf der später einmal der autonome Bus fahren soll. Also ein wichtiger Schritt in die Zukunft. Warum nicht mit der Einführung der neuen Strecke auf den autonom fahrenden Bus warten? „Weil“, so Geestlands Bürgermeisterin Gaby Kasten, „die Priorität auf der Strecke und nicht auf der Technik liegt. Bederkesas Bürger brauchen in erster Linie die Mobilität“.
Erst mit, dann ohne
Die Realität als Wegbereiter für die Zukunft, nicht als Verhinderer. Der CityBus, ein Kleinbus mit acht Sitzplätzen, fährt mit Fahrer an sieben Tagen in der Woche, jeweils im Stundentakt: Montag bis Samstag von 7.45 bis 18.45 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 10.45 bis 18.45 Uhr. Die rund fünf Kilometer lange Route führt vom Neumarkt vorbei am Rathaus durch die Mattenburger Straße und über den Berghorn zur rad+bus.STATION an der Moor-Therme. Von dort geht es über den Hasengarten wieder auf die Mattenburger Straße, dann auf die Bahnhofstraße. Vorbei am Museumsbahnhof rollt der Bus durch die Raiffeisenstraße, biegt in den Handels- und Gewerbepark ein und wendet bei den Supermärkten. Anschließend geht es über den Fehrenkamp, die Raiffeisenstraße und die Feldstraße auf die Holzurburger Straße, dann über den Hasengarten zur rad+bus.STATION.
Die genaue Anzahl sowie die Standorte werden in den kommenden Tagen final festgelegt. Der Fahrplan steht in Kürze im Internet unter www.vbn.de zur Verfügung. „Diese Lücke schließt die Linie 540. So rückt Bad Bederkesa stärker zusammen, die Wege für die Bürgerinnen und Bürger werden kürzer“, freut sich Gabi Kasten. Sie ist zuversichtlich, dass sich so auch der Autoverkehr im Ortskern reduzieren lässt. „Wir setzen auch einen Meilenstein auf dem Weg zum autonomen Bus.“ Diesen möchte die Stadt Geestland im Zuge des vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen betreuten Förderprogramms „Smart Cities“ auf die Straße bringen, um autonomes Fahren im ländlichen Raum zu erproben. Geestland ist eines von bundesweit 73 Modellprojekten.
Level 4 beim Bus
Erst vor kurzem hat die Verwaltung ein Unternehmen mit der Produktion und Lieferung eines fahrerlosen Busses beauftragt: die Firma Motor AI mit Sitz in Berlin. Diese hat sich auf autonome Fahrsoftware spezialisiert.
Der autonome Bus, den die Stadt bestellt hat, entspricht dem Level 4. Das bedeutet, dass das Fahrzeug in ausgewählten Bereichen ohne menschliches Eingreifen fahren kann. Am Steuer muss keine Person mehr sitzen. Ein hochinnovativer Ansatz, mit dem Geestland vorangehen will. Und er könnte Tempo 70 legal ausfahren.
Gute Investition in die Zukunft
Nach derzeitiger Planung wird Motor AI das Fahrzeug im kommenden Jahr ausliefern. Parallel laufen die Vorbereitungen für die behördlichen Genehmigungen, etwa durch den TÜV oder das Kraftfahrtbundesamt. Diese sind notwendig, damit die Stadt Geestland den Betrieb des autonomen Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr erproben darf. Bis der autonome Bus durch Bad Bederkesa fährt, wird es also noch einige Zeit dauern. Ende 2025, spätestens im Jahr 2026 soll er an den Start gehen. Das Fahrzeug wird wohl rund 920.000 Euro kosten und mittels diverser Fördermittel unterstützt.