Landrat Thorsten Krüger hat klare Ziele fürs Cuxland Foto: sh
LANDKREIS ∙ Seit etwas mehr als sieben Monaten ist Thorsten Krüger Landrat für den Kreis Cuxhaven. Ein guter Zeitpunkt, um ihn einmal zu seinen Eindrücken, Erfahrungen und vor allem zu seinen nächsten Zielen zu befragen. Auf seinen Wunsch hin führte Stefan Hackenberg für den Elbe Weser Kurier das Gespräch am Otterndorfer Strand, was sowohl die Regenkleidung als auch den Strandkorb erklärt.
? Einiges mehr als ein halbes Jahr sind Sie nun als Landrat aktiv. Da stellt sich als erstes die Frage, was Sie am meisten überrascht hat in den letzten sechs Monaten. Welche positive Überraschung, aber auch welche weniger erfreuliche Überraschung gab es denn?
! Ich bin sowohl vom Team als auch von der Politik wirklich gut aufgenommen worden. Auch die Resonanz der Bürgerinnen und Bürger ist positiv. Landrat ist ja kein Ausbildungsberuf, aber ich bin über meine Berufsstationen gut vorbereitet. Entsetzt hat mich der Stand der Gesundheitsversorgung, und zwar bundesweit. Da kommt auf die Menschen noch einiges zu.
? Mit welcher Erwartung sind Sie gestartet. An die Mitarbeiter, an die politischen Parteien, aber auch ganz besonders an die Bürger. Schließlich sollen die Bürger sich auch einbringen in die Kreisarbeit.
! Erwartet habe ich einen gewissen Zukunftsoptimismus, um die Region zu gestalten und für das Kommende vorzubereiten. Dazu gehört auch, dass der WIR-Gedanke kreisweit verstanden wird. Gut ist da, dass die Bürgerkontakte sich als vielfältig und bereichernd gezeigt haben. „Wir“ sind da auf einem guten Weg.
? Sind Sie mit der personellen Besetzung, auch quantitativ, im Kreishaus zufrieden? Welche Abteilungen haben ausreichend Mitarbeiter, welche können gar Mitarbeiter an andere Abteilungen abgeben und welche haben offene, nicht besetzte Stellen?
! Wir haben ein gutes Team im Kreishaus. Fast alle Stellen sind inzwischen besetzt. Ich habe nur festgestellt, dass wir verborgene Potentiale der Mitarbeiter stärker nutzen sollten. Viele sind in ihrer Freizeit beispielsweise als Fotografen und Künstler aktiv oder verfügen über weitere berufliche Qualifikation, die bislang im Kreishaus nicht berücksichtigt wurden. Diese Potentiale kann man zum Wohl des gesamten Kreises fördern und einsetzen. Das stärkt zusätzlich die Motivation, so dass die Mitarbeiter die Zukunft gestalten und in die Zukunft von sich aus investieren: Ihre Ideen, ihre Zeit und ganz besonders ihre Kraft.
? Wenn wir schon bei zusätzlichen Stellen sind: Ein vierter Dezernent soll kommen. Warum, wofür und welche Qualifikationen soll er mitbringen?
! Das vierte Dezernat schaffen wir auch, damit der Bereich Personal einen höheren Stellenwert erhält. Es geht auch darum, unsere mehr als 1.300 Mitarbeitenden gut zu betreuen. Außerdem soll die Kreisentwicklung gestärkt werden – wir wollen nicht hinterherlaufen, sondern aktiv mitgestalten. Die Stelle wird übrigens durch Umstrukturierungen kostenneutral geschaffen. Zur Personalie: Das betrifft ein offenes Bewerbungsverfahren, und deshalb sage ich an dieser Stelle nur: Schauen Sie in die Stellenausschreibung. Konkrete Personalien kann und will ich hier nicht besprechen.
? Kreispolitik soll ja mit und durch die politischen Parteien geschehen. Wie klappt denn da die Zusammenarbeit?
! Gut, wirklich gut. Man ist von allen Seiten wirklich daran interessiert, das Cuxland erfolgreich politisch voranzubringen.
? Welche Ziele sollen in 2023 noch erreicht werden, welche Projekte zumindest begonnen werden?
! Wie lange haben wir denn den Strandkorb gemietet? Im Ernst, dazu könnte ich einen ganzen Tag lang sprechen. Deshalb nur so viel: Es gibt einen klaren Plan, und daran werden wir uns halten. Natürlich in Abhängigkeit von der Realität. Alle Pläne müssen sich an den realen Bedingungen messen lassen und gegebenenfalls angepasst werden. Die Ziele ändern sich dadurch nicht. Doch als Beispiele: Die Strukturveränderung muss berücksichtigt werden, der Haushaltsplan 2024 steht an, ein neues, passendes Corporate Identity muss her und alle Planungen müssen den Nachhaltigkeitsgedanken berücksichtigen. All das muss personell und finanziell machbar sein. Das kann nur gelingen, wenn wir den Ist-Zustand ehrlich benennen und dies in unseren Planungen berücksichtigen.
? Sie warnen ja schon immer davor, mit den Finanzen verschwenderisch umzugehen. In dieser wirtschaftlichen Lage fragen sich die Bürger, was noch möglich ist. Haben Sie darauf eine Antwort, gar womöglich eine Beruhigungspille?
! Es ist ganz einfach. Die Ein- und die Ausgaben müssen eine Höhe haben. Dazu müssen alle Ausgaben erst einmal kritisch untersucht und auf den Prüfstand gestellt werden. Das führt dazu, dass dies in der Ausgabenreihenfolge Berücksichtigung finden wird.
? Das Cuxland braucht an allen Ecken und Enden neue, fachkundige Mitarbeiter. Wo werden diese in Zukunft herkommen, und warum sollten sie ins Cuxland kommen?
! Eine Lösung des Fachkräftemangels wäre zum Beispiel eine Fachkräfteallianz. Eine lösungsorientierte Gemeinschaft aus Landkreis, Gemeinden und Wirtschaft. Wir schaffen im Cuxland eine unnötige Konkurrenzsituation. Das treibt die Personalkosten unnötig in die Höhe. Natürlich bedarf es auch einer Aufgabenkritik und technischer Lösungen wie KI. Aber wir dürfen bei alledem den Menschen nicht vergessen.
? Wie kann die Kreisverwaltung da unterstützend agieren?
! Klare Finanzen, gute Aus- und Weiterbildungssituation soweit es im Aufgabenbereich des Kreises liegt, und in allen Bereichen die Lebensqualität stärken. Wir sind im Zeitenwandel. Beruf und Freizeit müssen sich auch in den Köpfen der Menschen ergänzen und nicht widersprechen.
? Welchen Beitrag kann die Kreisverwaltung leisten, um die demokratischen Spielregeln zu schützen und populistischen Unsinn zu stoppen? Was kann die Kreisverwaltung tun, um das Vertrauen der Bürger in den Staat und die Kommune zu stärken und zu erhalten?
! Klare Aussagen, ein klares Handeln und sich vor allem nicht treiben lassen in seinem Tun, sondern selbstbestimmt vorangehen. Die Themen sind alle da. Dazu gehört auch, Fehlentwicklungen aus der Vergangenheit zu erkennen, zu benennen und zu korrigieren. Unter der Maxime: Wie lässt sich der Fehler korrigieren und nicht, wer hat ihn gemacht. Ein offenes Ohr gegenüber dem Bürger ist Pflicht, Kritik muss zuerst einmal als Chance verstanden werden.
? Zum Schluss: Ihr Wunsch für die nächsten sechs Monaten lautet:
! Mit allen die Region gestalten. Nicht jammern, nicht beschweren, sondern Lösungen suchen, Wege finden und sie umsetzen. Vom Denken ins Tun kommen.
? Herr Landrat, danke für Ihre Zeit und das Gespräch
! Ich möchte danke sagen: für die vergangenen sieben Monate der Zusammenarbeit, Unterstützung und tollen Momente. Ich freue mich auf die kommenden Herausforderungen und die Möglichkeit, die nächsten Jahre mitzugestalten. Denn ich glaube, die nächsten zehn Jahre werden die größte Transformation der Gesellschaft und der Wirtschaft sein – und ich darf dabei sein.