Zahlreiche Gäste informierten sich bei der Ausstellungseröffnung über den neuen Teil der Dauerausstellung   Foto: sh

NORDHOLZ sh ∙ Was Galileo Galilei für die Erde physikalisch bewies, ist übertragen moralisch auch für Deutschland gültig. Wieder einmal wird das Aeronauticum seinem Ruf gerecht, mehr zu sein als ein rein technisches Museum für Militärflugzeuge. Mit der Erweiterung der Dauerausstellung trifft das Nordholzer Museum sozusagen ins Schwarze. Es geht um Zwangsarbeit im Dritten Reich am Beispiel eines Wasserflugzeuges.
In der mittlerweile fertiggestellten Halle am Rande des Nordholzer Museumsgeländes wird ein Flieger restauriert, der die Geschichte von technischer Spitzentechnik und menschlicher Ausbeutung gleichermaßen erzählt. Gebaut wurde die Halle eigens für eines der letzten erhaltenen Bordflugzeuge des Typs AR 196 A-5 aus dem Zweiten Weltkrieg. Das Exemplar hat seine ganz eigene Geschichte und ist doch zugleich nur ein weiterer Beweis für die Geschichte der Zwangsarbeit der Nazis.

Wie ein VW-Käfer der Lüfte

Der in den deutschen Arado-Werken gebaute Flieger AR 196 kam während des Zweiten Weltkrieges als Aufklärer und U-Boot-Jäger zum Einsatz. Es war Standardbegleiter auf den Kriegsschiffen und nahezu auf jedem dafür tauglichem Schiff beheimatet.

Beispiel für Zwangsarbeit im III. Reich

Das in Nordholz gezeigte Exemplar war auf dem Schlachtschiff Prinz Eugen stationiert. Von dem Modell AR 196 gibt es weltweit nur noch drei Exemplar, die – mehr oder weniger – in komplettem Zustand sind. 2012 kehrte das Nordholzer Flugzeug ins Aeronauticum zurück, wo es seit mehreren Jahren von Mitgliedern des Fördervereins Arado 196 e. V. ehrenamtlich res­tauriert wird.
Die Arado gilt als Beispiel dafür, wie Zwangsarbeiter in der deutschen Rüstungsindustrie in Nazideutschland eingesetzt wurden. Bestandteil der Präsentation sind Zeitzeugeninterviews, die in den 1990er-Jahren mit tschechischen Jüdinnen entstanden sind, die während des Zweiten Weltkrieges als Zwangsarbeiterinnen im Freiberger Arado-Werk gearbeitet hatten.
Der nun dem Publikum zugängliche neue Teil der Dauerausstellung erzählt anhand vieler Exponate auch auf audio-visuellem Weg von den Schicksalen und Umständen nicht nur jüdischer Zwangsarbeiter. Sie ist, dies kann nicht lobend genug bezeugt werden, ein ungemein wichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur deutscher Geschichte.