Stellten das Programm zur „Interkulturellen Woche“ vor: Jörg Flehnert, Gabriele Hoffmann, Rüdiger Pawlowski, Dorota Mrusek und Marc Gerrdes Foto: tw
CUXHAVEN tw ∙ Es ist jedes Jahr aufs Neue ein spannendes und unterhaltsames Programm, dass die Organisatoren der „Interkulturellen Woche“ in Cuxhaven zusammenstellen. Und das so zahlreich, dass die Woche über einen ganzen Monat vom 2. September bis zum 3. Oktober geht. Unter dem Motto „Neue Räume“ finden 20 Veranstaltungen statt, die auf verschiedenste Art und Weise Toleranz, Respekt und Vielfalt fördern wollen. Die Auswahl reicht von Lesungen, Ausstellungen und Workshops bis hin zu Musik-, Film- und Theatervorstellungen, die auch immer die Möglichkeit für interkulturelle Begegnungen und zum Austausch bieten.
Ein Programm, von dem sich auch Bürgermeister Marc Gerdes (SPD) bei der Vorstellung des Programms im Kulturbüro am Schneidemühlplatz begeistert zeigte. „Ein Programm, das Spaß macht und zum Nachdenken anregt“, sagte er und betonte: „Das ist unglaublich wertvoll für den Demokratieerhalt; und das niedrigschwellig und ohne erhobenen Zeigefinger.“
So mache etwa die Ausstellung „Ernas Welt“ über das Leben der Cuxhavenerin Erna Asch-Rosenthal, die als einzige ihrer Familie den Holocaust überlebte, abstraktes Wissen durch das Schicksal eines einzelnen Menschen lebendig. Zu sehen ist die Ausstellung vom 6. September bis zum 3. Oktober in der Bürgerhalle des Rathauses. Ihr gegenübergestellt ist die Ausstellung „Jüdische Lebenswelten in Deutschland heute“, die die Vielfalt jüdischer Biografien des 21. Jahrhunderts zeigt, denen oft eine Identität zugeschrieben wird, die nicht ihren Wahrnehmungen entspricht und zu verstecktem oder offenem Antisemitismus führt.
Zeitgleich zur Ausstellungseröffnung findet die offizielle Eröffnung der „Interkulturellen Woche“ am Freitag, 6. September, um 17 Uhr ebenfalls in der Bürgerhalle statt.
Im Mittelpunkt steht das Konzert „Friedenslieder – ein Erzählkonzert“ mit der Formation „Canta per la Pace“. Jan de Grooth, Klaus Volkhardt und Christina Althaus singen und spielen Lieder von Krieg und Frieden aus den letzten 100 Jahren.
Bereits vom 2. bis 6. September findet in der Süderwischschule in einer geschlossenen Veranstaltung ein Theaterworkshop gegen Ausgrenzung und Mobbing statt. In vertrauensvoller Atmosphäre haben die Schüler die Möglichkeit über Themen wie Diversity, Respekt, Toleranz und die eigenen und fremde Vorurteile zu sprechen. Ein wichtiges Projekt, da es schon aus Personalgründen nicht im Schulalltag stattfinden könne, so Dorota Mrusek vom Jugendmigrationsdienst des Paritätischen.
Unter anderem folgen am 10. September das Literaturgespräch zum Roman „Oben Erde, unten Himmel“ von Milena Michiko Flasar; am Mittwoch, 11. September, ab 14 Uhr das Stadtteilfest in Süderwisch; ein Konzert mit dem „Randi Tytingvag Trio“ am 13. September um 20 Uhr im Kulturraum Gnadenkirche; der „Tag der offenen Tür“ im Wunschträume-Büro am 14. September von 10 bis 15 Uhr. Die Ausstellung „Ankommen in Deutschland – Erfolgreiche Lebensgeschichten von Zugewanderten aus Cuxhaven“ vom 19. bis 29. August im Bürgerbahnhof; das mehrsprachige Bilderbuchkino in der Stadtbibliothek um 9.30 und 10.45 Uhr; die Lesung „Deutschlandtour“ mit Hasnain Kazim am 19. September um 19.30 Uhr in der Stadtbibliothek oder das Theater Sonni Maier mit „Frieden – wie geht das?“ im Haus der Jugend für Schüler ab der 7. Klasse sind weiter Programmpunkte. Anmeldungen von Schulen nimmt Svenja Plock vom Haus der Jugend unter (04721) 70 07 09 08 entgegen.
„Ein absolutes Highlight ist am 3. Oktober der Abschluss der „Interkulturellen Woche“, so Kulturamtsleiterin Gabriele Hoffmann. Um 19 Uhr, wenn sich an rund 200 Orten der größte Chor Deutschlands unter dem Motto „Deutschland singt und klingt“ zum gemeinsamen Singen verabredet, ist auch Cuxhaven mit dabei. Auf dem Innenhof-Parkplatz des Rathauses kann dann jeder bei Liedern der Zuversicht und Einheit mitsingen und ein Zeichen des Friedens und der Hoffnung erklingen lassen. „Ich bekomme heute noch Gänsehaut“ sagte Hoffmann in Erinnerung an die letztjährige Veranstaltung.
Gefördert wird die „Interkulturelle Woche“ durch das Bundesprogramm „Demokratie leben“. Denn um so ein Programm auf die Beine zu stellen, brauche es auch finanzielle Mittel, so Gerdes. Umso erschrockener war er, dass bei den Haushaltsberatungen auch das Förderprogramm „Demokratie leben“ zur Disposition stand. „Gerade in der heutigen Zeit mit demokratiefeindlichen Tendenzen einen Grundpfeiler der Demokratieförderung abzuschaffen, ist nicht nachvollziehbar.“
Hintergrund: Der CDU-Haushaltspolitiker Mathias Middelberg schlug in einem Maßnahmeplan vor, unter anderem das Förderprogramm „Demokratie leben“ „vollständig“ zu streichen. Denn mit dem Programm würden, so sagte er gegenüber dem „Handelsblatt“, „vor allem linke Initiativen gefördert, die jetzt bei den Demonstrationen gegen Israel in der ersten Reihe mitlaufen“.
Vor allem diese Begründung, die man den über 400 Partnerschaften für Demokratie vor die Füße werfe, sei „ein Schlag ins Gesicht“, sagte Rüdiger Pawlowski, Vorsitzender des Begleitausschusses für „Demokratie leben“ in Cuxhaven und Vorsitzender der regionalen Arbeitsgruppe „Gegen Vergessen – Für Demokratie“. Gerade vor dem Hintergrund der auch gegen Antisemitismus gerichteten Arbeit.
Es ist gerade das vielfältige Engagement das Cuxhaven ausmache, so Jörg Flehnert, Geschäftsführer des Kulturyards. Ein Engagement, das ihm sofort auffiel, als er 2016 von Hamburg nach Cuxhaven zog. „Die Menschen hier wollen nicht verhindern, sondern möglichst machen. Ihr Engagement ist das gute Herz dieser Stadt.“
Und ein Engagement, dass sich auch in den „11 Cuxhavener Thesen für ein gutes Miteinander“ niederschlage und gelebt werde, wie Kulturamtsleiterin Gabriele Hoffmann betonte.
Das Programmheft zur „Interkulturellen Woche“ liegt an vielen Stellen der Stadt und in Geschäften aus.
Die „Interkulturelle Woche“ in Cuxhaven wird in enger Zusammenarbeit der Stadt Cuxhaven, der Kulturyard gUG als Koordinierungs- und Fachstelle sowie dem Jugendmigrationsdienst des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Cuxhaven geplant und umgesetzt sowie durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.