Bekenntnis für den Norden: IHK-Präsident Matthias Kohlmann (l.) und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil Foto: Struwe
ELBE-WESER re ∙ Rund 900 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Bildung, Kultur und Medien hatten sich am 8. Januar im Stadeum in Stade versammelt, um am traditionellen Neujahrsempfang der IHK Elbe-Weser teilzunehmen. Dort erlebten sie einen aufgeräumten und energiegeladenen niedersächsischen Ministerpräsidenten, der 2025 als Jahr des Turnarounds ausrief, ohne die Augen vor den Schwierigkeiten zu verschließen. „Wir befinden uns im Gegensatz zu anderen OECD-Staaten im vierten Jahr in einer Seitwärts- bzw. sogar Rückwärtsbewegung, und der Abstand wird größer.“ Die Situation sei ambivalent: Einerseits sei Deutschland vor allem mit dem Norden Energieland Nummer eins, andererseits seien viele Bestandsunternehmen gefährdet. „Wir haben zu wenig Dynamik, zu wenig Investitionen.“
Als Hauptursachen nannte Stephan Weil drei „neuralgische Punkte“: die Energiekosten, die Arbeitskräfte und die Überregulation. Um den Industriestandort Deutschland nicht zu gefährden, müssten die Energiekosten gesenkt werden. „Und wir können definitiv besser werden in der ökonomischen Steuerung der Energiewende“, so Weil. Es sei beispielsweise absurd, enorme Geldsummen in Entschädigungszahlungen für das Abstellen von Windrädern zu stecken, statt diesen Überstrom speicherbar zu machen, um ihn dann zu verkaufen. Auch gehöre es zur ökonomischen Vernunft, Energie dort billiger zu bekommen, wo sie erzeugt werde – wie in Niedersachsen. Mit der Einrichtung einer zentralen Zuwanderungsstelle seien die Weichen für eine Zuwanderung und Integration von Arbeitskräften aus dem Ausland gestellt. „Ich bin sehr dankbar für die gute Zusammenarbeit mit den IHKs bei diesem Thema.“ Ebenfalls lobte er die Tätigkeit der bei der IHK Niedersachsen angesiedelten Clearingstelle zum Bürokratieabbau. „Wir müssen einfacher, schneller und billiger werden. Wir sind sehr guten Willens, bürokratisch abzurüsten, und mein herzlicher Dank gilt der IHK-Organisation, die 150 Vorschläge dazu eingereicht hat, von denen wir viele umsetzen können.“
Den Unternehmen dankte Weil für ihr Engagement, ihr Verantwortungsbewusstsein, ihre Kompetenz und ihr Herzblut. Um ihre Zuversicht zu schüren, seien Fördermaßnahmen für Investitionen dringend nötig. „Wir brauchen einen Brustlöser“, sagte Weil.
Mit seinen Gedanken griff Weil viele Punkte auf, die IHK-Präsident Matthias Kohlmann zuvor angemahnt hatte und die zu der besorgniserregenden Entwicklung führten, dass „50 Prozent der großen Industrie Produktionsreduzierungen oder gar -verlagerungen ins Ausland“ plane. Deutschland hindere sich oft selbst am Erfolg, so das Fazit des IHK-Präsidenten, der die Politik aufforderte, schnell und konsequent gegenzusteuern. Als weiteren entscheidenden Baustein führte er die Global-Gateway-Strategie der EU an, die unter anderem stabile Handelsströme kritischer Rohstoffe sicherstellen will.