Beim Landvolk Wesermünde sprachen Politiker und Landwirte mit- und nicht übereinander    Foto: sh

LANDKREIS sh ∙ Das Landvolk Wesermünde hat das Gespräch gesucht und Unterstützung gefunden. Gesprochen wurde in der Geschäftsstelle Bremerhaven mit niedersächsischen Parlamentariern. Zum Thema Agrardiesel, Grünes Kennzeichen und viel Frust. Zugehört haben die Bundestagsabgeordneten Enak Ferlemann (CDU) und Daniel Schneider (SPD) sowie die Landtagsabgeordneten Oliver Lottke (SPD), Claus Seebeck (CDU) und Eva Viehoff (Grüne). Ein Parteienkonglomerat sozusagen.

Was diese zu hören bekamen war deutlich. Von einer „teils hitzigen Debatte“ sprach Landvolk-Chef Jan Heusmann später vor Journalisten. „Mit einem guten Ende für die Sache“, wie ein Teilnehmer ergänzte. Denn, nicht ganz überraschend, die Parlamentarier zeigten viel Verständnis für den Protest. Hatte die Politik in Niedersachsen doch schon überparteilich ihre Unterstützung bekundet. Die CDU sogar schon bundesweit.
Bei dem Informations-Austausch-Gespräch, was irgendwie schon klingt wie ein leicht verständliches Gesetzesvorhaben, ging es um mehr als teuren Diesel und Steuern. Zu groß ist der Frust über eine jahrzehntelange Landwirtschaftspolitik, die immer mehr Hürden bereithält und immer weniger Verständnis zeigt für die Lebensmittelerzeuger. Und so fielen im Gespräch auch immer wieder Stichworte wie Tierwohl, Wiedervernässung, Stickstoffverordnung und Bürokratie. Man habe es satt, als Vertreter des ländlichen Raumes mit Regeln und Gesetzen leben zu müssen, die ohne Kommunikation mit ihnen von Vertretern aus den Ballungsräumen erlassen und entschieden würden. Da die Teilnehmer an diesem Tag allerdings alle aus den sogenannten ländlichen Räumen stammten, nimmt es nicht Wunder, dass die anwesenden Parlamentarier viel Verständnis für die Landwirtschaft zeigten.

Ihren Unmut über die Landwirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte konnten Vertreter des Landvolkes Wesermünde gegenüber den Parteivertretern loswerden und fanden dabei offene Ohren. Man sei sich, so Enak Ferlemann und Daniel Schneider parteiübergreifend einig, dass die Lebensmittelerzeuger mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Die Landwirtschaft stehe vor großen strukturellen Veränderungen, und da sei in den letzten Jahren zu wenig gemeinsam entschieden worden. Im Land Niedersachsen habe man aber mit dem „Niedersächsischen Weg“, noch vereinbart unter der vorherigen Koalition von SPD und CDU, die einzig mögliche Lösung gefunden. Und auch die Vorschläge von der Borchert-Kommission seien nicht in Niedersachsen gescheitert, sondern vorrangig an der Bundespolitik.

Es sei nur ein „Tropfen der das Fass zum Überlaufen“ brachte, befand Landvolk-Chef Jan Heusmann und fand Zustimmung bei Claus Seebeck. Der verwies zudem auf eine ähnliche Situation bei den Fischern und bekräftigte die zuvor gemachte Kritik an der Missachtung der ländlichen Räume durch die Politik. „Es wird den Fachleuten von Nicht-Fachleuten der Weg gezeigt.“ Eva Viehoff lobte die Vorschläge der Borchert-Kommission und bedauerte zugleich, dass bei Bund, Land und in den Kommunen kein Wille zur Umsetzung erkennbar war. Und Oliver Lottke sagte, man müsse gegenüber der Landwirtschaft mit Verlässlichkeit punkten und nicht nur die „Auswüchse“ in dem Bereich monieren. Apropos Auswüchse: Ausdrücklich bedankten sich die Politiker aller Parteien bei den Vertretern des Landvolkes, dass die demokratischen Spielregeln eingehalten wurden. „Wo es falsche, weil undemokratische Auswüchse wie Transparente und Schilder gab, habe man von Seiten der Landwirte diese schnell verbannt“, lobte Claus Seebeck die Demonstrierenden. Und Enak Ferlemann war sich mit Eva Viehoff einig, „Galgen mit Ampelmännchen geht gar nicht“. Allen Teilnehmern ist klar, dass es mit der Kommunikation und dem Austausch zwischen Praxis und Politik besser werden muss. Sonst wird das nichts mit einer guten Politik, so Landvolk-Chef Heusmann.

Was ist eigentlich der niedersächsische Weg?: Der Niedersächsische Weg ist eine bundesweit einmalige Vereinbarung zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Politik. Das Papier verpflichtet die Akteure, konkrete Maßnahmen für einen verbesserten Natur-, Arten- und Gewässerschutz umzusetzen. Der Inhalt wurde monatelang auf Augenhöhe verhandelt und wird nun auf breiter Basis getragen.
Was ist eigentlich die Borchert-Kommission? Die Borchert-Kommission, benannt nach dem ehemaligen Bundesminister Jochen Borchert (CDU), ist eine Bezeichnung für das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung und hat Perspektiven für die Tierhaltung bis 2040 entwickelt. Die Empfehlungen haben im agrarpolitischen Raum viel Zuspruch erfahren. Gescheitert sind sie an mangelnder politischer Umsetzung.