Bürgermeister Jörg-Andreas Sagemühl, RVZ-Geschäftsführer Dr. Andreas Rühle und Erster Kreisrat Friedhelm Ottens stellten die Arbeit des Regionalen Versorgungszentrums vor Foto: tw
NORDHOLZ tw ∙ Wer kann von sich schon behaupten er ist die „Nummer 1“. Laut des zuständigen Ministeriums darf das Regionale Versorgungszentrum Wurster Nordseeküste (RVZ) in Nordholz diesen Titel für sich in Anspruch nehmen. Denn das als Pilotprojekt gestartete RVZ ist zu einem Erfolgsmodell geworden, das sogar schwarze Zahlen schreibt, wie Geschäftsführer Dr. Andreas Rühle bei einem Pressgespräch deutlich machte.
Im März 2022 gestartete, war das RVZ in Nordholz das erste in Niedersachsen, mit dem Ziel an einem Ort Einrichtungen der medizinischen Daseinsvorsorge zu bündeln. So finden die Patienten im ehemaligen denkmalgeschützten Marinegebäude nicht nur ein kommunales hausärztliches Versorgungszentrum (MVZ) mit angestellten Ärztinnen und Ärzten, sondern auch weitere Facharztpraxen wie etwa Gynäkologie und Geburtshilfe, Kinder- und Jugendarzt, eine Psychologische Psychotherapeutin, eine Implantologie & Oralchirurgie und eine Physio- therapie sowie ein Zentrum für Rheumatologie & Urologie, den Demenzstützpunkt Cuxland und die DRK-Tagespflege. Abgerundet wird das Ganze durch das Café Solferino in dem Menschen mit und ohne Handicap zusammenarbeiten und das sich zu einem Begegnungsort für die Nordholzer entwickelt hat.
Und es ist ein Ort, an dem innovative Konzepte beziehungsweise neue Gesundheitsberufe eingesetzt werden, die die Ärzte entlasten und damit auch in Zeiten immer weniger Ärzte zukunftsweisend sind. Das eine ist VERAH, die Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis, die bei Bedarf zu den Patienten nach Hause kommt. Im Gepäck hat sie einen Telemedizin-Koffer, der mit digitalen Geräten wie etwa einem mobilen EKG, einem digitalen Pulsoximeter zur Messung des Blutsauerstoffgehalts und einem Blutdruckmessgerät ausgestattet ist. Die ermittelten Daten können über eine gesicherte Verbindung in die Arztpraxis übertragen werden. Per Videokonferenz kann bei Bedarf auch direkt mit dem Arzt gesprochen werden.
Das andere ist der Physician-Assistant, als Schnittstelle zwischen Arzt und Pflegepersonal, der ein dreijähriges Studium voraussetzt. Der Arztassistent entlastet die Ärzte unter anderem bei der Wundkontrolle, der Erarbeitung von Therapievorschlägen und der Dokumentation von Befunden und Behandlungsabläufen.
„Ein Weg, um die ärztliche Versorgung zu sichern, denn wir können die Ärzte nicht herbeizaubern“, so Rühle. Dank der Entlastung durch die medizinischen Mitarbeiter könnten die Ärzte mehr Patienten versorgen.
Grundlage der Erfolgsgeschichte ist die Kooperation des Landkreis Cuxhaven mit der Gemeinde Wurster Nordseeküste und dem Niedersächsischen Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung. In der 2023 endenden Pilotphase förderte das Ministerium fünf Modellstandorte mit 7,63 Millionen Euro, davon über 1,53 Millionen Euro zugunsten des RVZ Wurster Nordseeküste.
Dass die kommunale Seite mit einbezogen wurde, sei ein wichtiger Schritt, auch um bei möglichen Defiziten einspringen zu können, so Erster Kreisrat Friedhelm Ottens. „Die medizinische Versorgung muss es uns Wert sein auch etwas dazuzuzahlen.“ Und ist sich dabei auch mit Jörg-Andreas Sagemühl, Bürgermesister der Gemeinde Wurster Nordseeküste, einig, der auf einen weiteren positiven Aspekt hinwies – den Standortvorteil.
Und die Erfolgsgeschichte geht weiter, freut sich Ottens, denn die Lebensqualität im Cuxland hänge an der haus- und auch fachärztlichen Versorgung. Denn bereits Mitte Juni überreichte die Landesbeauftragte Karin Beckmann einen Förderbescheid über 45.000 Euro für eine Machbarkeitsstudie, in deren Rahmen geprüft wird, wo ein weiteres RVZ nötig und auch gewünscht ist. Es fanden bereits Gespräche in Cadenberge, Cuxhaven und Schiffdorf statt. „Denn ein RVZ können wir nur mit den Ärzten vor Ort entwickeln“, so Rühle.
Ziel solle es immer sein, dass sich die niedergelassenen Ärzte selbst organisieren. „Aber wenn wir keine Ärzte finden, die den Unternehmergeist in sich entdecken und sagen, wir stellen weitere Ärzte ein, ist das RVZ die richtige Lösung.“
Und auch Karin Beckmann betonte bei der Übergabe des Förderbescheids die Bedeutung der Regionalen Versorgungszentren zur Verbesserung der hausärztlichen Versorgung: „Die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen steht vor großen Herausforderungen. Regionale Versorgungszentren sind wichtiger denn je. Verbinden sie doch die haus- ärztliche Versorgung mit sozialen Treffpunkten und schaffen so eine zentrale Anlaufstelle für medizinische und gesellschaftliche Bedürfnisse. Gerade in ländlichen Regionen stärken sie die wohnortnahe Gesundheitsversorgung und fördern gleichzeitig das Miteinander in der Gemeinschaft. Umso mehr freue ich mich, dass wir mit den Studien und den daraus resultierenden Ergebnissen für eine bessere Lebensqualität sorgen können.“