Der Landtagsabgeordnete Thiemo Röhler hatte Justizministerin Barbara Havliza eingeladen, um über das Thema Frauen und Sicherheit zu sprechen    Foto: tw

LANDKREIS tw ∙ Es ist ein Phänomen, das immer mehr Sprengkraft erhält – Internetkriminalität und Hass in den sozialen Medien. „Im Besonderen sind auch Frauen betroffen“, so der CDU-Landtags­abgeordnete Thiemo Röhler. Deshalb hatte er am vergangenen Donnerstag die niedersächsische Jus­tizministerin Barbara Hav­liza nach Lüdingworth in den „Norddeutschen Hof“ eingeladen um über die gesamte Thematik „Frauen & Sicherheit – Zuhause, unterwegs und im Internet“ zu sprechen. Ein Thema, das sie in ihren 30 Jahren als Richterin immer wieder umtrieb. Eine Zeit in der Havliza beruflich auch viel mit sexuell missbrauchten Kindern und Frauen zu tun hatte. Das Erschreckende: Vor allem im Bereich Kinderpornografie und -missbrauch hätten sich die Zahlen durch die digitale Entwicklung, verzehnfacht.

„Dadurch kommen wir nicht an den Täter am Ende des Geräts ran“

Was sie in diesem Fall besonders aufregt ist, dass es kaum möglich sei an die Täter von Cyberkriminalität heranzukommen. „Denn dazu bräuchten wir ein ermittlungstechnisches Mittel, das uns derzeit verwehrt wird.“ Denn im Sinne des Datenschutzes dürfe es keine Vorratsdatenspeicherung gebe. „Dadurch kommen wir nicht an den Täter am Ende des Geräts ran.“ Datenschutz sei in diesem Fall Täterschutz. „Das kann doch nicht sein, dass der Schutz von Daten einen höheren Stellenwert hat als der Schutz von Kindern.“

Und es sei mitnichten so, dass jeder sagen könne, „ich brauch mal die Daten“, räumte sie ein Vorurteil aus dem Weg. „Bevor ich an Daten herankomme, brauche ich einen geprüften Antrag eines Staatsanwalts, den ein Richter durchliest und dann sagt, der Verdachtsmoment ist so, dass ich diesen Beschluss unterschreibe. Erst dann kommen die Polizei und Staatsanwaltschaft an diese Daten.“

Und sie bat eines mit in die Überlegungen einzubeziehen. Seit Jahren gebe es das Zentralregister in Flensburg. Jede Autonummer sei dort mit kompletten Personalien gespeichert. „Da hat sich noch nie jemand drüber aufgeregt“. Im Gegenteil sei jeder froh, wenn ein Schadensfall vorliege und wenn er das Kennzeichen kennt, auch an die Daten kommt. Aber bei Kinderpornografie im Internet sei dies ein Problem.

Im Laufe des Nachmittags machte Havliza eines immer wieder deutlich: Vorbeugung und genaues Hinsehen sind der beste Schutz. „Die beste Prävention ist, wenn man weiß, was passieren kann und wie man darauf reagiert“, sagte sie.

Im Hinblick auf häusliche Gewalt, die gerade in den Zeiten der Pandemie mit der einhergehenden Isolation, zugenommen habe, sei zudem eine aufmerksame Nachbarschaft gefragt. Denn oft trauten sich die Opfer aus Scham und gesellschaftlichen Zwängen nicht sich irgendwem zu offenbaren. Führe das Bekanntwerden solcher Fälle doch oft zum Niederbrechen des sozialen Ansehens, nicht nur für den Täter sondern die ganze Familie. Oft gehe dies einher mit der Angst, dass einem nicht geglaubt wird oder man übertreibt. Und es gebe durchaus auch Männer, die häuslicher Gewalt ausgesetzt seien, ein Thema, das besonders schambesetzt sei, wie sie betonte.

Wozu Havliza auf jeden Fall rät, auch wenn man noch nicht zur Polizei wolle, „Beweismittel sammeln, denn blaue Flecken sieht man später nicht mehr. Es gibt Krankenhäuser, wo diese Beweise anonym gesichert werden“. Und sie zeigte auf, dass der schwächste Beweis der Zeuge sei, der beste Beweis objektive Spuren, wie etwa gesicherte DNA-Spuren. „Dann kann auch der beste Strafverteidiger nur zum Geständnis raten“. Und sie rät: „Suchen sie Rat beim Weißen Ring, die wissen an wen sie sich wenden können.“

„Schämen muss sich der Täter, nicht das Opfer“

Ein weiterer Punkt, der sich europaweit zur Kriminalitätsplage Nummer eins entwickelt habe sei der Enkeltrick. 2021 gab es etwa 8.000 bis 9.000 erfasste Straftaten in Niedersachsen, mit einem Schaden von rund fünf Millionen Euro. „Das ist nur die Spitze des Eisberges“, so Havliza. Scheuten sich die Leute doch oft, dieses Verbrechen anzuzeigen, weil sie sich schämen, dass sie darauf reingefallen sind. Doch auch hier gelte: „Schämen muss sich der Täter, nicht das Opfer“. Und sie machte deutliche: „Das kann jedem passieren. Die sind so perfide psychologisch geschult, die schaffen es, jeden hinter die Fichte zu führen.“ Nicht umsonst spreche man in solchen Fällen von Schockanrufen.

Ihr Tipp: Am besten sofort auflegen, sich auf kein Gespräch einlassen, und sich immer bewusst machen, dass es keine Situation gibt, in der es darauf ankommt, sofort Geld zu übergeben, weder an die Polizei, einen Richter, ein Krankenhaus oder andere. „Und scheuen sie sich nicht solche Anrufe anzuzeigen, auch wenn Sie nicht darauf reingefallen sind. Damit die Polizei weiß, in welcher Region die Täter gerade unterwegs sind.“