Ein offenes Ohr für Fragen von Zuhörern hatten Rezitatorin Marie Dettmer (l.) und Erika Fischer     Foto: hgi

CUXHAVEN hgi ∙ „Gestern haben wir die letzten Wölfe geschossen. Jetzt ist die Wildnis für immer besiegt: Apfelbäume, Rasen, die Welt wird zum Garten. Denken wir. Unterm Haus nisten sich Feldmäuse ein. Vorboten einer neuen Steppe.” Das Gedicht von Hans-Jürgen Heise zeigte deutlich, dass das Thema Mensch und Tier Widerspruchspotenzial in sich trägt, auf das Marie Dettmer zu Beginn ihrer Lesung am Dienstag im Schloss Ritzebüttel aufmerksam machte.

„Ringelnatz & Co – Der Mensch. Das Tier. …und weiteres Philosophisches“ hatte sie ihren Vortrag benannt. Anlässlich der aktuellen Sonderausstellung des Ringelnatz-Museums „Stachelfisch und Tintenschwein“ war die Literarische Komponistin und Rezitatorin von Erika Fischer eingeladen worden.

Sie war von der Ausstellung und dem Schloss Ritzebüttel sehr angetan und freute sich, dem interessierten Publikum einige namhafte Autoren, die sich mit dem Thema Mensch und Tier beschäftigt haben, in ihrer Lesung vorzustellen.

„Einerseits bewundern wir Tiere aufgrund ihrer Stärke und Schnelligkeit, wie Elefanten, Löwen, Krokodile“, sagte sie. „Andrerseits jagen wir sie und essen ihr Fleisch oder wir brauchen sie, um Lasten zu schleppen, Milch zu geben oder uns zu kleiden. Wir vergöttern sie, wie Hunde und Katzen, oder fürchten uns vor ihnen, wie zum Beispiel vor Wölfen.“

Mit dem Wolf begann sie ihre Lesung. Er stehe als aktuelles Beispiel für den Konflikt zwischen Mensch und Tier, da beide die gleiche Nahrungsquelle nutzen. Bereits 1903 schrieb der Schriftsteller Hermann Hesse die Erzählung „Der Wolf“, die von einem jungen einsamen hungrigen Wolf handelt, der von Bauern zu Tode gejagt wurde. Der Mensch hat gegen das Tier gewonnen.

Vielleicht sollten wir unsere Haustiere einmal gründlich belauschen, um zu erfahren, was sie wirklich von uns halten – in Elke Heidenreichs Katzengeschichte kommt der Mensch, bei dem sie lebt, nicht besonders gut weg. Von Michel Montaigne, Philosoph, Denker und Schriftsteller des 16. Jahrhunderts, hörte das Publikum von der Verschlagenheit und Scharfsichtigkeit eines Elefanten. Wie fühlen sich eingesperrte Tiere im Zoo, die sich in die Freiheit zurücksehnen? In dem Gedicht von Rainer Maria Rilke von 1902 läuft ein Panther, mit geschmeidigen und starken Schritten, ohne Unterlass in seinem Käfig umher und seine Erinnerungen an die Freiheit verschwinden immer mehr.

Von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, Wilhelm Busch, Hilde Rubinstein, Frederik Hetmann und Hermann Hesse rezitierte Marie Dettmer ebenfalls philosophische Betrachtungen zwischen Mensch und Tier, bis sie zu Joachim Ringelnatz und seinen tierischen Betrachtungen kam. Ob die Giraffe, der Ohrwurm und die Taube, die Qualle und der Elefant, der Taschenkrebs und ein Känguruh, oder die stinkende Sardellenballade sowie der Holzwurm und die Ameisen – alle zeigen durchaus menschliche Züge.

Nachdem die Hannoveranerin einen Ausflug in den Hühnerstall vorgetragen hatte, machte Joachim Ringelnatz natürlich den Abschluss eines Abends mit ausgewählten Gedichten und Geschichten in besonderer Vortragsart, die das Publikum mitnahm in eine tierisch-menschliche Welt der besonderen Art.