Die Fraktionsvorsitzenden Claus Johannßen, SPD, und Eva Viehoff, Grüne (m.) unterschrieben zusammen mit Grünen-Sprecher Wolfgang Steen (l.) und SPD-Vorsitzendem Oliver Lottke (r.) im Beisein der SPD-Kreisvorsitzenden Katja Brößling, den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Grüne bzw. SPD Marianne Peus und Gunnar Böltes sowie Grünen-Sprecherin Elke Roskosch-Buntemeyer (v.l.) die Gruppenvereinbarung Foto: tw
LANDKREIS tw ∙ Die Stimmung im Bürgersaal des MarC5 in Cadenberge war am Mittwoch letzter Woche richtig gut. An diesem Tag kamen die Fraktions- und Parteispitzen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zusammen um die Vereinbarung für ihre künftige Zusammenarbeit im neugewählten Kreistag zu unterzeichnen. „Wird das auch so süß und fruchtig die nächsten fünf Jahre“, fragte Grünen-Kreissprecher Wolfgang Steen angesichts der dargereichten Kuchenstückchen. „Solange es nicht schokoladig-klebrig wird“, entgegnete seine Parteikollegin und Fraktionsvorsitzende Eva Viehoff schmunzelnd.
Gut gelaunt ging es auch bei der Vorstellung der Vereinbarung weiter, auch wenn die Themen durchaus ernst waren. „Das ganze Cuxland im Blick: sozialgerecht und klimaneutral“ ist es überschrieben und gibt gleich die Marschrichtung vor. Hauptziel ist die Klimaneutralität bis 2035. Und Viehoff machte deutlich, warum dieses Ziel über allem steht. „Der Landkreis ist der erste der nasse Füße bekommt.“ Deshalb müssten alle Beschlüsse des Landkreises auf Klimafolgen überprüft werden. Gerade auch als Urlaubsregion sei der Landkreis auf ein gutes Klima angewiesen.
„Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehen zusammen“
Elke Roskoch-Buntemeyer, Sprecherin der Grünen im Landkreis war es wichtig zu betonen, dass bei diesem Thema „Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammengehen“. Und zeigte dies am Beispiel Wohnen auf. Hier streben die Gruppenpartner den Aufbau einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft an, „damit in allen Kommunen des Landkreises bezahlbarer, umweltgerechter, energieeffizienter, barrierefreier Wohnraum entstehen kann“, wie es in der Vereinbarung heißt. Weitere Punkte sind unter anderem: Die Förderung zukunftssicherer Arbeitsplätze vor Ort, auch um die Perspektiven für die Jugend zu sichern; eine verbesserte mobile und digitale Infrastruktur, bei der Mobilität klimagerecht gedacht wird; die Einrichtung einer Integrierten Gesamtschule; die Förderung der kulturellen Einrichtungen und der ehrenamtlichen Kulturaktivitäten.
Dabei blieben die Haushaltskonsolidierung und die Umsetzung der Stabilisierungsvereinbarung mit dem Land Niedersachsen auf der Agenda des Kreistags. Davon unabhängig müsse aber der vorhandene Investitionsspielraum konsequent ausgeschöpft werden, „damit wir auch in den nächsten fünf Jahren Maßnahmen im Klimaschutz und der Verbesserung unserer Bildungseinrichtungen stets im Sinne unserer Vereinbarung durchführen können“.
Denn im Angesicht des Klimawandels, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Marianne Peus, „haben wir nicht unendlich Zeit um Dinge auf den Weg zu bringen“. Deshalb sei es wichtig noch stärker „Fördertöpfe anzuzapfen“, so der SPD-Kreisvorsitzende Oliver Lottke, der auch erklärte wie es zu der Gruppenzusammenarbeit kam. „Wir wollten raus aus der XXL-Kooperation, auch wenn die letzte erfolgreich war.“ Dass die Entscheidung für Rot-Grün kein Dissens mit Christdemokraten und Liberalen bedeutet, macht er ebenfalls deutlich. „Wir werden auch weiterhin mit CDU und FDP sprechen und setzen auf eine Kultur der Zusammenarbeit.“ Denn um eine Mehrheit zu erreichen, ist die Gruppe auf Kooperationen angewiesen. Zusammen erreichen sie 26 (SPD 19, Grüne 7) Stimmen von 58 plus der Stimme von Landrat Kai-Uwe Bielefeld.
Dass es durchaus nicht bei allen Themen Einigkeit gibt, verschweigen die Gruppenpartner nicht. Und vereinbarten folgende Dissenspunkte: „Wir benötigen keine A20. Die weitere Planung und den Bau lehnen wir ab. Die Subventionierung mit Steuergeldern der Flughafenbetriebsgesellschaft Nordholz wollen wir Grüne beenden.“ Dass dies der guten Stimmung zwischen den Kooperationspartnern keinen Abbruch tut, zeigte auch ein kleines augenzwinkerndes Scharmützel zwischen den beiden Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen. „Die Grünen fahren kein Auto und fliegen nicht, deshalb brauchen sie auch keine Autobahn und keinen Flughafen“, so Claus Johannßen. Was Eva Viehoff zu der Replik veranlasste: „Wir lieben Claus Johannßen mit seinen politischen Zuspitzungen.“