Philipp Rademann       Foto: Wenzel

ELBE-WESER re ∙ Der von SPD, Grünen und FDP ausgehandelte und kürzlich vorgestellte Koalitionsvertrag hat auch Auswirkungen auf die Wirtschaft im Elbe-Weser-Raum. Die IHK Stade bewertet den Vertrag grundsätzlich positiv, sieht in einigen Bereichen aber auch noch Nachholbedarf.
Die Ampel-Koalition will die 2020er Jahre zu einem Jahrzehnt der Investitionen machen. Davon sollen insbesondere die Bereiche Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung sowie Infrastruktur profitieren. „Wir freuen uns, dass die designierte Regierung diese wichtigen Themen offensiv angehen will“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Holger Bartsch.

Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen

Der Koalitionsvertrag sieht vor, Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich zu beschleunigen. In diesem Zusammenhang wird die Verfahrensbeschleunigung in Bezug auf die Verkehrsinfrastruktur sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien und die digitale Infrastruktur genannt. „Schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren sind schon lange ein Anliegen der Wirtschaft“, so Bartsch. Die daraus resultierenden positiven Effekte seien für die Wettbewerbsfähigkeit des Elbe-Weser-Raums unerlässlich.
Ein Knackpunkt ist aus Sicht der IHK Stade die angestrebte Diskussion über die Prioritäten bei der Umsetzung des geltenden Bundesverkehrswegeplans. „Eine weitere Verzögerung des Infrastrukturausbaus darf es nicht geben. Insbesondere die Küstenautobahn A 20 ist aus Sicht der Wirtschaft weiterhin im Bundesverkehrswegeplan als vordringlicher Bedarf beizubehalten“, unterstreicht Bartsch und betont die Wichtigkeit dieses Verkehrsprojektes für die Region.

In Bezug auf den Ausbau der Windenergie an Land ist eine Zielmarke von zwei Prozent der Landesfläche vorgesehen. Hierzu müsse im Landesraumordnungsprogramm (LROP) nachgebessert werden, um diese Zielmarke zu erreichen und für das Gelingen der Energiewende beizutragen. Das bisherige Ausbauziel im LROP sei noch nicht ambitioniert genug, um den Energiebedarf im Elbe-Weser-Raum auch nach dem Ausstieg aus Atomenergie und Kohleverstromung sicherzustellen.

Innenstädte und Tourismus im Fokus

Dass sowohl der Einzelhandel als auch das Thema Innenstädte besondere Berücksichtigung in der nächsten Legislaturperiode finden sollen, begrüßt die IHK ausdrücklich. „Die vergangenen Monate haben in den Innenstädten und Ortskernen zu großen strukturellen Veränderungen geführt, die auch in den nächsten Jahren an Dynamik sicherlich nicht verlieren werden. Es ist daher richtig und wichtig, dass sich die Politik auf Bundes- ebene des Themas annimmt, um unsere Innenstädte und Ortskerne als Standorte des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenlebens aufrecht zu erhalten und ihnen einen neuen Glanz zu verschaffen“, ist die Handelsexpertin der IHK Stade, Kathrin Wiellowicz, überzeugt. In diesem Zusammenhang bewertet die IHK Stade auch die im Koalitionsvertrag avisierte Änderung der baurechtlichen Vorgaben als unabdingbar: „Wenn sich unsere Innenstädte zu multifunktionalen Räumen zwischen Wohnen, Arbeiten und einer lebendigen Wirtschaft und Kultur entwickeln sollen, ist die angekündigte Anpassung der Lärmvorgaben geboten – wenn nicht gar längst überfällig“, so Wiellowicz.

Philipp Rademann, Leiter der IHK-Geschäftsstelle in Cuxhaven und Ansprechpartner für den Tourismus, freut sich, dass die künftige Bundesregierung die Bedeutung des Tourismus als wichtige Querschnittsbranche anerkennt. „Der Elbe-Weser-Raum kann mit seinem vielfältigen Angebot in besonderem Maße von den verstärkten Anstrengungen für einen nachhaltigen und naturverträglichen Tourismus profitieren“, so Rademann. Dies gelte auch für den ländlichen Raum, den die Ampel-Koalition in den Blick nehmen möchte.

Bürokratie endlich abbauen

Neben dem Bekenntnis zu schnellen Planungs- und Genehmigungsverfahren begrüßt die IHK Stade, dass auch an anderen Stellen überflüssige Bürokratie abgebaut werden soll. „Entscheidend wird sein, welche Maßnahmen im Bürokratieentlastungsgesetz zu finden sein werden. Als IHK-Organisation stehen wir bereit, der Politik wertvolle Hinweise zu geben“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Bartsch.